Letzte Tafelrunde

Andrea Nottaris Anlässlich des 100. Jubiläums des Kunstvereins Olten inszenierte die Künstlerin eine Hommage an Franz Gloor und an ein historisches Haus. Die Ausstellung ist noch bis zum 14. September zu besichtigen.

Andrea Nottaris erinnert sich noch gut an die Essen im Wohnzimmer an der Römerstrasse 5, wo Franz Gloor wohnte. jpi)
Andrea Nottaris erinnert sich noch gut an die Essen im Wohnzimmer an der Römerstrasse 5, wo Franz Gloor wohnte. jpi)

Der Kunstverein Olten lanciert zum Abschluss seines Jubiläumsjahres eine Premiere: «Kammerspiel» ist ein Ausstellungsprojekt, das es in dieser Form noch nie gab. An 16 ungewohnten und überraschenden Örtlichkeiten präsentieren Kunstschaffende ihre Werke. Andrea Nottaris ist eine davon. Sie widmete sich gemeinsam mit einer Freundin einem für sie ganz besonderen Haus. Das 125-jährige Gebäude an der Römerstrasse 5 hatte in all den Jahren viele Hausherren und Besucher. Darunter bekannte Namen wie Franz Gloor. Das Anwesen hat wahrlich schon viel erlebt. «Kein Wunder, dass es zittert, kein Wunder, dass es bebt», erinnert der Anblick an den Songtext vom alten Haus von Rocky Docky. Andrea Nottaris hat in den Räumen selbst schon einiges erlebt. Sie war gut befreundet mit dem Bewohner Robert Weder. «Ich habe viele gute Erinnerungen: Es wurde oft bis zum Sonnenaufgang gefeiert, viel geraucht und getrunken. Das Haus war stets voll mit Gästen.»

Das rosa Zimmer

Nach 120 Jahren wird das alte Haus diesen Herbst abgerissen. Dass ihre Arbeit gemeinsam mit dem Haus untergehen wird, fasziniert Nottaris. «Dieser Gedanke finde ich speziell, aber sehr reizvoll», erklärt sie. Im Zentrum der Ausstellung stehen vorgefundene Spuren, der verflossenen Zeit. Mit gefundenem und archiviertem Material erweckt sie die kahlen und leeren Räume wieder zum Leben. In der Ausstellung «das rosa Zimmer», welche Natalie Hauwirth und Andrea Nottaris kuratieren, hängen Fotografien, die einst im 125-jährigen Haus aufgenommen wurden. Sie nehmen die Besucher mit auf eine Zeitreise zurück als Franz Gloor die Räumlichkeiten noch bewohnte. «Dass Gloor als Schwarz-Weiss-Fotograf ein rosarotes Schlafzimmer hatte, erstaunte mich», schmunzelt Nottaris. Porträt und Aktaufnahmen, welche in einem privaten Rahmen entstanden sind, wurden allesamt in der Wohnung von Franz Gloor aufgenommen. Die zweifache Mutter kennt alle Protagonisten persönlich. Gemeinsam mit einer Freundin, die mit Gloor eng befreundet war, hat sie jeden ausfindig gemacht, der auf einem Archivfoto war. Auch Privatpersonen haben ihr Fotos gesendet und viele Erlebnisse erzählt.

Porzellan erzählt Geschichten

Den oberen Stock kennt Andrea Nottaris gut. Hier erlebte sie viele lustige Abende unter Freunden. «Tafelrunden mit dem Hausherrn» so heisst die dortige Rauminstallation mit Geschirr im einstigen Esszimmer. Porzellan, Messer und Gabel sind an die Wand bis zur Decke montiert. Jeder Teller und jedes Glas erzählt den Besuchern, geknüpft an seine Erinnerungen, eine eigene Geschichte. Im Estrich fanden die Künstlerinnen Koffer, Kleider und andere Objekte von früheren Besitzern und Bewohnern. «Souvenir» zeigt diese «Objets trouvés». Das «Familienalbum» mit gesammelten Fotos aus der Römerstrasse bis hin zu aktuellen, ermöglicht dem Betrachter einen intimen Einblick hinter die Hausmauern.

Erfolgreich unterwegs

Die Oltner Künstlerin ist seit einigen Jahren selbstständig tätig. Ihr erstes Atelier gründete sie 1997 im ehemaligen Berna-Gebäude. Es folgten mehrere Umzüge und – back to the roots – befindet sich ihr Atelier wieder über den Dächern der Oltner Industrie, wo sie neben der Kunst auch Auftragsarbeiten wie etwa Kartenkollektionen designt sowie grafische und konzeptionelle Aufträge erledigt. «Ich bin glücklich selbstständig arbeiten zu können und ich liebe die Abwechslung. Ein grosses Kunstprojekt bedeutet auch immer eine sehr intensive Auseinandersetzung mit mir und den jeweiligen Örtlichkeiten», so Nottaris, welche sich seit Mai vollständig der Hommage widmet. Ihre Ausbildung absolvierte sie 1986 in der Fachklasse für Keramik-Design in Bern. Im Jahr 1992 erblickte ihr erster Sohn Angelo das Licht der Welt. Im gleichen Jahr nahm sie die Arbeit im elterlichenBetrieb in der Papeterie Köpfli imBereich Grafik und Druck auf, wo sie 16 Jahre blieb. 1994 wurde ihr zweiter Sohn Luca geboren. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass alles so weitergeht wie bis anhin.

Kammerspiel in Olten

Neben Andrea Nottaris und Natalie Hauswirth stellen bis am 14. September noch viele weitere spannende Künstler ihre Werke aus, unter anderem in Wohnzimmern, Treppenhäusern, Werkstätten, im Kloster oder in Kirchen.

Veranstaltungen Römerstr. 5:

6.9., 15 bis 17 Uhr: Hausmusik.

13.9., 18.30 Uhr: Spaghetti zum Essen -

ein Haus zum Trinken. Anmeldung bis

6.9. an E andrea.nottaris@bluewin.ch.

Beschränkte Platzzahl.

Weitere Angaben zu Veranstaltungen/

Lokalitäten erhalten Sie auf unserer

Veranstaltungsseite oder unter

www.kammerspiel-olten.ch.

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