«Ich will zwar gefallen, aber nicht gefällig sein»

Simon Chen kehrt nach seiner Teilnahme am Oltner Nachwuchs-Wettbewerb «Sprungfeder» mit seinem ersten Soloprogramm «Meine Rede! Kabarett am Pult der Zeit» am Freitag, 27. November in die Aare-stadt zurück.

Wird in Olten nicht nur nichtssagende Reden schwingen: Kabarettist Simon Chen beehrt morgen das Schwager Theater. (Bild: ZVG)
Wird in Olten nicht nur nichtssagende Reden schwingen: Kabarettist Simon Chen beehrt morgen das Schwager Theater. (Bild: ZVG)

Bislang war Simon Chen vor allem in der Poetry Slam-Szene ein Begriff. Gilt der Wahlzürcher doch seit zehn Jahren als fester Bestandteil des Dichterwettstreites. Nicht nur durfte er seit seinem Slam-Debüt 2005 so manchen Vortragswettbewerb für sich entscheiden, auch als Moderator weiss der 43-Jährige stets mit seiner Mischung aus Ernsthaftigkeit und Wortwitz zu überzeugen, wie beispielsweise an den Kabarett-Castings in Olten.

Schauspielerischer Wortakrobat oder wortgewandter Schauspieler?

Seine Bühnenpräsenz kommt dabei nicht von ungefähr. «Viele meiner Bekannten meinen, dass sie mir während meiner Auftritte den Theaterbackground anmerken», erzählt Simon Chen. Nach einem abgebrochenen Universitäts-Studium versuchte der ursprüngliche Fribourger sein Glück in der Theaterkunst und absolvierte die Schauspielschule in Bern. Wie für viele andere Schweizer Schauspieler folgte nach einem Erstengagement in der deutschen Provinz der obligate Aufenthalt in der Grossstadt Berlin. «Allerdings führte dieser bei mir nicht zum gewünschten Sprung in die Film- oder Theaterszene, sondern eher dazu, beinahe meinen Job an den Nagel zu hängen», blickt Chen heute nüchtern zurück. Die Anstellung beim Theater Marie in Aarau gab dem Berufsschauspieler wieder neuen Antriebund hier konnte er bei bestimmten Projekten gar eigene Texte beisteuern. «Ich schreibe eigentlich seit meiner Kindheit, aber erst durch den Poetry Slam wurde ich wirklich zum Autor. Dort konnte ich erstmals meine beiden liebsten Aspekte kombinieren: Schreiben und auf der Bühne stehen.» Und dies mit Erfolg - nach seinem Aufstieg in die obere Riege der Slam-Szene liessen Auftrittsanfragen nicht auf sich warten und so setzte Simon Chen ab 2007 vollends auf die Karte «Spoken Word».

Von Polter- bis zu Trauerreden

An den diesjährigen Oltner Kabarett-Tagen machte der Wortakrobat erstmals auch in der Kleinkunstszene von sich reden. Gegen den Berner Christoph Simon, ebenfalls ein alter Poetry Slam-Hase, konnte sich Chen im Kabarett-Nachwuchs-Wettbewerb «Sprungfeder» zwar nicht durchsetzen, aber überzeugt hat er die Oltner dennoch. So ist Chen seit diesem Jahr auch bei der Oltner Agentur «kunstprojekte.ch» unter Vertrag. Im vergangenen September folgte der nächste, konsequente Schritt in Richtung Kleinkunstszene: Die Premiere seines Kabarett-Solos «Meine Rede! Kabarett am Pult der Zeit». Bereits seit langer Zeit habe ihm das Schreiben eines Kabarett-Stückes unter den Nägeln gebrannt. Auch das Programmthema «Reden» kommt nicht von ungefähr. «Mich fasziniert an Reden vor allem, die Zuhörer direkt ansprechen zu können und so eine spezielle Verbindung zu ihnen aufzubauen.» Zudem ist das Verfassen von Reden bzw. Predigten für Chen keineswegs Neuland, schreibt er doch seit mehreren Jahren das monatliche «Wort zum Donnerstag» für das satirische Radiomagazin «PET» auf SRF 1. Dass er mit der Thematisierung von politischen Reden den Nerv des Wahlkampfjahres 2015 trifft, sei dabei eher zufällig. «Allerdings habe ich mein Programm seit den Wahlergebnissen entsprechend angepasst.» Ausserdem eigneten sich die Wahlkampfveranstaltungen ideal als Inspirationsquelle. So wird sich in seinen Darbietungen wohl der eine oder andere Schweizer Politiker wiederfinden.

«Das Thema Religion ist sehr reizvoll»

Nebst der Inszenierung von all zu bekannten, floskelreichen Reden von Politikern, die auf Stimmenfang sind, oder einer bitterbösen Abdankungsrede taucht Simon Chen in seinem Kabarettprogramm auch in die Welt der Kirchen und Religionen ab und mimt einen emotionalen und manipulativen Freikirche-Prediger. «Für mich ist Religion ein spannendes Reizthema. Es kann ungeahnte Reaktionen beim Publikum hervorrufen», bemerkt Chen und fügt an: «Allgemein finde ich es reizvoll, die Leute durch mein Kabarett mit ihren eigenen Unsicherheiten bewusst zu konfrontieren. Schliesslich will ich zwar gefallen, aber gewiss nicht gefällig sein.» Dass er sich gerade bei Pointen auf Kosten der Islamisten auf heiklem Terrain befindet, ist dem 43-Jährigen bewusst. «Grundsätzlich finde ich, dass man auch vor Religionen keinen Halt machen darf. Allerdings sollte man sich gleichzeitig auch der Auswirkung seiner Provokationen bewusst sein und Verantwortung dafür übernehmen», sinniert der Kabarettist und fügt an: «Terroranschläge wie in Paris stimmen mich nachdenklich und ich frage mich, wie ich solche Ereignisse als Künstler in meinen Darbietungen aufnehmen soll.» Ob und wie Simon Chen die jüngsten Erlebnisse in Europa und die politischen Veränderungen in der Schweiz in seinem Kabarett-Solo verpackt, können Sie morgen, Freitag,27. November im Schwager Theatererleben.

Schwager Theater, Fr, 27. November, 20.15 Uhr

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