Ein Theater ohne Schwelle

Variété Pavé Das «Variété Pavé» ist weder Strassenshow noch Zirkus, weder Theater noch Tanzaufführung, sondern vielmehr eine Mischung aus allem. Mit ihrem aktuellen Stück «Camera Obscura» im Gepäck reist das Ensemble durch die Schweiz und macht vom Freitag, 21. bis Sonntag, 23. Juli in der Kirchgasse in Olten Halt.

Akrobatik, Jonglage, Clownerie, Tanz und Theater zeigen die drei Künstler (v.l.) Franziska Bürki, Rafael Kost und Sara Ski im aktuellen Stück «Camera Obscura» ihrem Publikum. (Bild: Arthur Häberli)
Akrobatik, Jonglage, Clownerie, Tanz und Theater zeigen die drei Künstler (v.l.) Franziska Bürki, Rafael Kost und Sara Ski im aktuellen Stück «Camera Obscura» ihrem Publikum. (Bild: Arthur Häberli)

Bühne und Bänke stehen mitten in der Stadt. Passanten, die vorbeigehen, werden von einem Mann mit eigenartigem Hut angesprochen: «Sie gehen in die falsche Richtung, meine Damen und Herren. Kehren Sie um, hier findet um 20.30 Uhr eine Vorführung statt.» Es ist Rafael Kost, der Direktor vom Variété Pavé. Bei vielen jedoch ist das Ansprechen gar nicht nötig. Passanten bleiben stehen, rempeln sich gegenseitig an. «Schau mal, was ist denn das hier, siehst du diese rote Bühne?»

Auch Nicht-Theaterbesucher ansprechen

Vor die Wanderbühne darf sich vom kleinen Kind bis zur asiatischen Touristin jeder hinsetzen. «Dadurch erreichen wir auch Personen, die sonst den Weg ins Theater nicht finden würden», ist sich Franziska Bürki sicher. So habe ihr eine junge Frau auf Facebook geschrieben, sie habe ihren Freund mitgeschleppt. Anfänglich eher weniger begeistert, habe er während der Vorstellung Tränen gelacht und sich gesagt, dass dies zwar sein erster Theater-Besuch, aber ganz sicher nicht der letzte gewesen sei. Den Kontakt zu den Menschen ist auch für die Artistin und die Musikerin Sara Ski die Motivation für ihre Arbeit. «Mit einer Wanderbühne ist man nahe beim Publikum. Bei uns gibt es keine Schwelle, die man überschreiten muss, um in die Welt des Variété Pavé einzutreten.» Und Direktor Rafael Kost fügt lachend hinzu: «Anders als im Theater können die Zuschauer hier jederzeit weggehen. Das ist unser Ansporn, ein gutes Programm zu bieten.»

Verwirklichung eines Traums

Seit vier Jahren ist das Variété Pavé nun schon unterwegs, aktuell steht das Ensemble mit dem Programm «Camera Obscura – Die Welt steht Kopf» auf der Bühne. Das Variété Pavé ist eine Wiederbelebung der Wanderbühne des Ensembles «Comixnix & Cie.» Als sie zum Verkauf stand, sah Rafael Kost seine Chance gekommen, seinen lang gehegten Traum zu verwirklichen und mit einer Bühne durch die Schweiz zu ziehen. Er ist Direktor der Wanderbühne und spielt auch im Stück den Direktor, den alternden Herr Ferdinand, der Besitzer eines Fotoalbums ist. Komikerin Franziska Bürki verkörpert Lalu und bringt in dieser Figur ihre Leidenschaft für Clownerie ins Stück ein. «Ich bin die rechte und manchmal auch die linke Hand von Herrn Ferdinand. Als Figur bin ich zum Aufräumen und Putzen da. Ich bringe alles ins Rollen, weil ich das Fotoalbum öffne.» Die Artistin Sara Ski spielt Miss Skita, einen extrovertierten Charakter. Während der Vorstellung wechselt sie immer wieder die Kleidung und posiert für die verschiedenen Fotos, die im Stück vorkommen. «Camera Obscura» ist inspiriert von den Erfahrungen von Quereinsteiger Rafael Kost. Als gelernter Fotolaborant wurde sein Beruf «wegdigitalisiert», wie er sagt. Er arbeitete anschliessend als Strassenkünstler, trat im Zirkus auf und thematisiert das Thema Fotografie nun auf der Bühne. Analoge Fotografie im Kontrast zur «Fast-Click-Gesellschaft» der heutigen Zeit entlocken ihm Sätze wie: «Mein Foto ist leider erst in fünf Wochen auf Facebook zu sehen. Ich muss es noch entwickeln lassen.» Nebst viel Magie sind die Erinnerungen das Kernthema vom aktuellen Stück, das die Darsteller zusammen mit Regisseur This Zogg entwickelt haben. Durch die alten Fotografien werden Erinnerungen wieder lebendig und drängen in die Gegenwart. «Im Stück soll jeder seine eigene Botschaft finden und mitnehmen», so Kost.

Professionelle Campierer

Während der Tournee leben die Künstler in ihren Wohnwagen und logieren auf Campingplätzen. «Was das Kochen betrifft, sind wir inzwischen professionelle Campierer», lacht Bürki. Die Bühne wird mit einem Traktor von einem Ort zum anderen gefahren, am Steuer sitzt Direktor Raffael Kost höchstpersönlich. «Sie sollten mal sehen, wie glücklich er dabei ist», wirft Bürki lachend ein. Rund dreieinhalb Stunden dauert es, bis die Bühne aufgebaut ist. Dieser Aufwand ist allerdings nur die Spitze des Eisberges. Danach gefragt, wie viel Zeit sie in Vorbereitungen, Proben und Auftritte investieren, antwortete Franziska Bürki: «Das lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Viel!» Die Reservierung der Plätze beginnt rund drei Monate vorher, für das Stück gilt jedoch: Nach der Tour ist vor der Tour. «Es ist die Leidenschaft, die den Aufwand rechtfertigt», sagt Kost und Sara Ski doppelt nach: «Die begeisterten Leute sind der grösste Lohn.»

Das Variété Pavé spielt vom 21. bis 23. Juli jeweils um 20.30 Uhr in der Kirchgasse in Olten. Eintritt frei, es gibt nach der Vorstellung eine Hut-Gage.

<link http: www.variete-pave.ch>www.variete-pave.ch

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