Die Zeit, um in sich zu gehen

Katharina Fuhrer Die Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde trifft sich am Sonntag, 24. Dezember um 22.30 Uhr zur Christnacht-feier in der Friedenskirche in Olten. Der Stadtanzeiger hat mit Pfarrerin Katharina Fuhrer über den Glauben, Herausforderungen der Kirchgemeinden und Weihnachten gesprochen.

Katharina Fuhrer freut sich auf die bevorstehende Christnachtfeier am 24. Dezember in der Friedenskirche in Olten. (Bild: mim)
Katharina Fuhrer freut sich auf die bevorstehende Christnachtfeier am 24. Dezember in der Friedenskirche in Olten. (Bild: mim)

Eine Folie mit Informationen über die Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde wird im Eingangs- bereich der Pauluskirche angebracht. Pfarrerin Katharina Fuhrer versichert sich in ihrer respekt- vollen Art, dass der Auftrag richtig umgesetzt wird. «Meine Aufgaben sind vielfältig», lacht die
63-Jährige während wir die Treppen zu ihrer Wohnung emporsteigen. Im Wohnzimmer offenbart sich ihr offener Geist. Gegenstände aus den unterschiedlichsten Kulturen erinnern an die vielen Reisen, die Fuhrer unternommen hat.

Eine Reise um die Welt

Einst liess sich die im bernischen Bümpliz geborene Fuhrer zur Primarlehrerin ausbilden und arbeitete während fünf Jahren in Reitnau (AG), ehe sie als freie Studentin in der mennonitischen Universität in Elkhart, Indiana (USA) ihren bereits seit Teenagertagen gehegten theologischen Fragen nachging. «Ich bin in einem religiösen Haushalt aufgewachsen und empfand den mir vermittelten Glauben als sehr beengend, weshalb ich mich auf die Suche nach einem befreienden Glauben machte», erklärt Fuhrer. Das anschliessende Seminar zum Thema «Theologie der Befreiung» bei katholischen Ordensfrauen in Bogota in Kolumbien öffnete Fuhrer den Blick für ihre persönliche Art der Theologie. Stationen in Irland und Nicaragua zeigten schliesslich immer mehr ihren Lebensweg auf. Während diesen Reisen lernte sie ihren späteren Ehemann kennen und entschied sich zurück in der Schweiz für ein Theologiestudium an der Universität Bern. Im Berner Münster wurde Fuhrer schliesslich ordiniert und trat ihre erste Pfarrstelle im aargauischen Birmenstorf an. Von 1999 bis 2011 bildete sie Katechetinnen aus und absolvierte eine Ausbildung zur Supervisorin. Der Tod ihres Ehemannes im Jahr 2008 liess Katharina Fuhrer 2011 eine Auszeit nehmen.

Der Mensch im Zentrum

Seit fünf Jahren ist sie nun als Pfarrerin in der Pauluskirche tätig. Das Durchführen von Gottesdiensten aber auch die Begleitung von Menschen in den verschiedenen Lebenszeiten gehören für sie zu ihren wichtigsten Aufgaben. «Ich schätze es, Menschen begleiten zu dürfen. Dabei arbeite ich lösungsorientiert und gemeinsam mit den Personen», zeigt Fuhrer auf und es ist spürbar, dass der Mensch für die Pfarrerin im Zentrum steht. «Eigentlich möchte ich noch mehr Kontakte pflegen, aber auch Amtshandlungen wie Taufen oder Trauerfeiern wollen, neben anderen Büroarbeiten, sorgfältig vorbereitet und durchgeführt sein», erzählt Fuhrer, die vor drei Jahren die Palliative Care Begleit-Gruppe ins Leben rief. Hat sie ihren befreienden Glauben gefunden? «Es ist so eine Sache mit dem Glauben. Man hat ihn nie ganz im Sack. Es braucht immer wieder die Auseinandersetzung. Aber ich denke, dass mir mein Glaube in schwierigen Situationen meines Lebens hilft, mich nicht von Problemen lähmen zu lassen. Er gibt mir vielmehr Mut, zumindest einen Schritt zu gehen, auch wenn der Weg noch nicht vollständig zu sehen ist. Dabei ist Vertrauen zu Gott, aber auch immer wieder zu den Menschen sehr wichtig», zeigt Fuhrer auf und fügt an: «Ich denke, der Glaube ist nicht etwas unveränderliches, das man für immer «hat». Denn in Anbetracht einer veränderten Situation stellen sich neue Fragen.»

Nicht mit Glanz und Gloria

Die Kirchgemeinden haben mit schwierigen Zeiten und stetig schwindenden Mitgliederzahlen zu kämpfen. «Tatsächlich hat die Kirche nicht mehr denselben Stellenwert wie früher. Ich persönlich bedaure es jedoch nicht, dass die Kirche von ihrer Dominanz verloren hat, aber selbstverständlich bereiten mir die rückläufigen Zahlen Sorgen. Ich leiste meinen Beitrag, indem ich meine Arbeit, beispielsweise Gottesdienste, Tauf- oder Trauergespräche, mit Sorgfalt und Achtsamkeit verrichte. Unsere Mitglieder haben Anrecht auf ein lohnendes Erlebnis und auf Anregungen», ist Fuhrer überzeugt. Konkret hat die Kirchgemeinde im November eine Umfrage verschickt, um die Bedürfnisse ihrer Mitglieder besser kennenzulernen. Diese wird nun ausgewertet. Die Gesamt- kirchgemeinde habe zudem den Slogan «Jesus Christus - unser Weg» kreiert, welcher der Kirchgemeinde als Leitspruch gelten soll. Selbstverständlich hoffe man auch, dass die Christnachtfeier am 24. Dezember um 22.30 Uhr wieder viele Besucher in die Friedenskirche bringen wird. «Eine Kerze anzuzünden kann helfen, um innezuhalten», erzählt Fuhrer. «Ich würde mir wünschen, dass die Leute an Weihnachten wieder mehr in sich gehen, um zu spüren, für was sie dankbar sind und was in ihrem Leben fehlt. Dies geht leider im herrschenden Konsumrausch, von dem ich genauso ein Teil bin, verloren», bedauert Fuhrer und fügt an: «An Weihnachten ist Gott zu uns gekommen. Aber nicht mit Glanz und Gloria, sondern klein und verletzlich in der Krippe.» Katharina Fuhrer freut sich auf die Feier in dieser speziellen Nacht, die auch für sie selber ein wichtiges Weihnachtserlebnis darstellt. Zuvor würden ihr Partner und sie etwas essen und ein Geschenk austauschen. Und wie sieht Fuhrer, die im Frühling 2019 in Pension gehen wird, dem neuen Jahr entgegen? «Es ist ein besonderes Jahr für mich, in dem ich noch einmal ganz bewusst alle Stationen, Begegnungen und auch Reisen erleben möchte.»

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