Vom Wind getrieben

Stefan Frey Der Oltner Autor, Gründer der Organisation Mad’Eole und pensionierte Mediensprecher wird einen grösseren Teil des Jahres in Madagaskar verbringen. Das Programm für die Elektrifizierung von 15 Dörfern soll langfristig abgesichert werden. Ab nächster Woche berichtet er monatlich im Stadtanzeiger von seiner Zeit im Inselstaat.

Stefan Frey (l.) wird versuchen das Projekt von Mad’Eole in Madagaskar in finanziell gesicherte Hände zu übergeben. (Bild: ZVG)
Stefan Frey (l.) wird versuchen das Projekt von Mad’Eole in Madagaskar in finanziell gesicherte Hände zu übergeben. (Bild: ZVG)

Bei seiner Ankunft in Madagaskar erwarte ihn Feuchtigkeit und tropische Hitze, antwortet Stefan Frey schmunzelnd und fügt an: «Aber auch Kollegen, Familienmitglieder und die Dorfbe- völkerung.» Der Oltner, der im November als Mediensprecher der Schweizerischen Flüchtlingshilfe pensioniert wurde, trat unlängst die Reise nach Madagaskar an, um das von der Organisation Mad’Eole lancierte 15-Dörfer-Projekt auf finanziell und organisatorisch eigenständige Beine zu stellen.

Arbeit und Perspektive schaffen

Der gelernte Kaufmann liess sich einst bei der Solothurner AZ zum Journalisten ausbilden, war aber auch in verschiedenen anderen Branchen und Ämtern, beispielsweise als Oltner Gemeinde- oder Kantonsrat, tätig. Als Kommunikationschef und später Geschäftsleitungsmitglied arbeitete Stefan Frey lange Zeit für den WWF. Seine erste Reise im Jahr 1987 nach Madagaskar trat er ebenfalls im Auftrag der Schweizer Umweltorganisation an. «Madagaskar liebt oder hasst man, genauso wie das Land selbst einen liebt oder hasst», erzählte der gebürtige Wangner einst, der seine Ehefrau auf dem Inselstaat vor der afrikanischen Südostküste kennenlernte. «Mir hat die Hitze und die Atmosphäre des Landes immer zugesagt», erzählt Frey, der für die Projektaufent- halte auf dem Land ausserhalb der ehemaligen Provinzhauptstadt Diego-Suarez wohnt. Dort entstand 2003 die Idee zum Projekt Mad’Eole. Ein Jahr darauf wurde die lokale Organisation in Madagaskar gegründet. Sechs an der ETH Lausanne in erneuerbaren Energien ausgebildet Einheimische träumten lange von der Einführung der Windenergie auf der Insel, aber es fehlte stets an konkreten Projekten. Bis Frey mit der Idee auftauchte, ganze Dörfer in der Region mit entsprechender Windenergie zu versorgen. 2007 wurde das Pilotdorf Sahasifotra eingeweiht. Eines der Ziele sei es, die Dörfer auf dem Land, welche ausserhalb des Stromversorgungsnetzes liegen, mit Elektrizität zu versorgen. Mittlerweile sind vier Dörfer von Mad’Eole elektrifiziert worden, das Fünfte sollte noch in diesem Jahr abgeschlossen werden können.

Korruption ist eine existenzielle Frage

Die Dorfbevölkerung muss sich an der Errichtung der Anlage sowohl finanziell, aber vor allem handwerklich beteiligen. Ein Dorf benötigt bis zu vier Personen, die von Mad’Eole ausgebildet werden, um die Wartungen an den elektrischen Anlagen zu übernehmen. «Das ist der eigentliche Sinn des Projektes: Die Landbevölkerung soll dank Strom Kleingewerbe entwickeln können, es soll Arbeit geschaffen werden und den Jungen in ihrem angestammten Gebiet Perspektiven bieten. Das übergeordnete Ziel, die Landflucht zu stoppen, wurde zumindest in den bisher elektrifizierten Dörfern erreicht», betont Frey. Dabei wurde das eiserne Gesetz, nie auf die Hilfe von Politikern angewiesen zu sein, bis heute eingehalten. «Auch wenn dadurch alles etwas länger dauerte. Die ‹grosse Korruption›», erklärt Frey, «konnten wir deshalb umgehen und unabhängig bleiben, doch der «kleinen» können auch wir uns leider nicht entziehen. Wenn alle 500 Meter eine Verkehrs- kontrolle eingerichtet und Geld verlangt wird, ist dies für mich zwar ärgerlich, aber finanziell zu stemmen. Für die Madagassen ist die Kleinkorruption jedoch eine existenzielle Frage», betont Frey. «Diese Ungerechtigkeit, die eigenen Leute auszunehmen, bringt mich jeden Tag auf die Palme und ist ein Grund, wieso Afrika nicht vorwärtskommt.»

Etwas mehr Bescheidenheit

Dieses Jahr wird Frey nutzen, um bei multilateralen Organisationen oder grossen Entwicklungs- agenturen, an welche auch die Schweiz Steuergelder bezahlt, anzuklopfen, damit das 15-Dörfer-Projekt in das Programm «Erneuerbare Energien» integriert wird. «Während der vergangenen Jahre war es meine Aufgabe, das Projekt bekannter zu machen und Spendegelder, vor allem in der Schweiz, zu sammeln. Über die Jahre unterstützte auch die Stadt Olten das Projekt.
Wie Strom funktioniert, weiss ich zwar bis heute nicht, aber dafür gibt es gut ausgebildete Madagassinnen und Madagassen, welche die operative Verantwortung im Land tragen», so Frey und fügt an: «Ich kann und will jedoch die Verantwortung des Generalmanagers nicht ewig übernehmen, deshalb werden harte Verhandlungen in diesem Jahr nötig werden. Dabei hoffe ich auf die Unterstützung der Schweizer Botschaft.» Trotz seiner Liebe zu Land und Leuten, sei es für ihn kein Thema, seine Brücken in Olten abzubrechen. «Ein solcher Schritt wäre insbesondere als Rentner unvernünftig, da das Land in wirtschaftlicher, politischer und sozialer Hinsicht sehr instabil ist. Ausserdem sind meine Frau und ich in Olten, wo wir nach wie vor wohnen, verwurzelt.» Das nächste Jahr wird Stefan Frey den grösseren Teil seiner Zeit in Madagaskar verbringen, aber für private und behördliche Termine nach Olten zurückkehren. Zurück in der Schweiz gebe ihm jeweils die Selbstverständlichkeit zu denken, die hier gelebt werde. «Die Leute empfinden ihren Lebensstandard als so selbstverständlich, als ob sie Anrecht darauf hätten. Dabei meinte es die Geschichte ganz einfach gut mit uns. Ich würde mir etwas mehr Bescheidenheit wünschen.» Neben der Projektarbeit wird sich Frey, der im vergangenen Jahr mit «Der Abgang» seinen zweiten Roman veröffentlicht hat, seinem nächsten Buchprojekt widmen.

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