«Münzen»

Das Restaurant Rathskeller in der Oltner Altstadt gab im letzten Jahrhundert eigene Münzen aus, auf denen der Schriftzug «RathskellerOlten» aufgeprägt waren. DieArbeiter von der Zementfabrik und der Giesserei kauften diese Münzen freitags mit ihrem Wochenlohn, bevor sie nach Hause gingen. Denn dort war das Risiko gross, dass die Ehefrauen den Lohn sofort an sich nahmen,sofern er aus Schweizer Franken bestand. Dank der Rathskeller-Münzen aber verfügten die Männer auch in der folgenden Woche über die notwendigen Mittel,ihren Durst zu stillen. Das nennt man Risiko-Management.

Nebst den Fabriken gab es zujener Zeit in Olten auch noch die Atel, die betrieb ein paar Flusskraftwerke und später auch das AKW Gösgen. Dann sperrten die Giesserei und die Zementfabrik zu, und die Atel hiess plötzlich Alpiq und war keine kleine Stromfabrik mehr, sondern eine grosse Händlerin auf dem internationalen Elektrizitätsmarkt.

Im Städtchen verstand wohlniemand so richtig, wie dasgehen sollte. Aber Alpiq zahlte Steuern, und zwar kräftig. Also zahlten die Bürger keine mehr und rieben sich die Hände. Es war wie beim Besuch der alten Dame.

Leider ging das nur ein paar Jahre gut. Der Stromhandel geriet in die Krise. Alpiq zahlt nun aufabsehbare Zeit keine Steuern mehr und wäre heute wohl froh, sie hiesse wieder Atel und würde einfach ein paar Flusskraftwerke betreiben.

Auch die Bürger im Städtchen reiben sich nachdenklich den Nacken. Manche meinen, man hätte das Geld der alten Dame nie annehmen dürfen. Andere sagen, die Bürger hätten sich das Steuern zahlen nicht abgewöhnen sollen. Und wieder andere sagen, man hätte mit den Millionen wenigstens etwas Gescheites anfangen sollen, statt jahrzehntelang Marketing-Gequassel von sich zu geben und externe Fachleute teure Rapporte zu allem und jedem schreiben zu lassen.

Zum Beispiel hätte man etwas für schlechte Zeiten beiseite legen können. Wie die Arbeiterdamals mit ihren Rathskeller-Batzen. Das wäre Risiko-Management gewesen.

Alex Capus

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