«Rote Hosen (4)»
Meine Serie historischer Spottlieder auf heimatlichen Schulhöfen läuft allmählich aus, ich bekomme kaum noch Rückmeldungen. Hier noch ein letztes aus den 60er Jahren:
D’Tante Schuggi het e BHmit Belüüchtig,
Mit Belüüchtig, mit Belüüchtig,
D’Tante Schuggi, d’Tante Schuggi
Isch modärn, hochmodärn!
Würden die Schulkinder sowas heutzutage singen, müssten sie zum Psychologen oder zur Ritalin-Therapie. Damals durfte man das noch.
Heute haben die Kinder andere Probleme. Aus dem Kreis meiner Söhne erfahre ich, dass die bei Gymnasiasten sehr beliebteDöner-Bude an der Oltner Rosengasse neuerdings von Alpiq-Kaderleuten in Anzug und Deux-Pièce belagert wird. Früher, als es der Alpiq noch gut ging, speisten sie im Fünfsterne-Restaurant.Bei den heutigen Löhnen reicht’s halt nur noch für Döner.
Zurück zur Schulzeit im letzten Jahrhundert. Zwar gab es damals noch keine Handys, aber wirhaben trotzdem schon Selfiesgemacht - zu mitternächtlicher Stunde im Photoautomaten an der Baslerstrasse. Was da schwarzweiss abgelichtet wurde, war auch nicht immer ganz stubenrein. Der grosse Vorteil dieser Apparate aber war, dass das Bild direkt auf das Photopapier belichtet wurde, es gabkeinen Umweg über ein Negativ.Deshalb konnte man seine Selfies nach Hause tragen und sicher sein, dass nicht irgendwo noch eineKopie zum Weiterverschicken umherlag. Aus Brüssel ist übrigens zu hören, dass die EU die alten Kästen verbieten will, weil sie stinken und irgendwie giftig sein sollen.
Wahr ist, dass die heutigen digitalen Photoautomaten vergleichsweise geruchsarm sind. Aber sie speichern das Bild auf immer und ewig. Und von Gesetzes wegen, so unterrichtet mich mein Freund Cuno aus Lausanne, ist nicht mehr der zahlende Kunde Eigentümer seinesBildes, sondern die Firma, welcher der Automat gehört. Wer also künftig ein nicht ganz stubenreinesSelfie schiessen möchte, tut das besser nicht im Automaten an der Baslerstrasse und auch nicht im Büro, sondern zu Hause in dereigenen guten Stube.Alex Capus