«Im Fluss, am Fluss.»
Als wäre Olten eine verwunschene Stadt, schwimmen im Sommer Köpfe auf der Aare. Und zwar solche, die noch blinzeln, lachen und plaudern können. Die Strömung nimmt sie mit, trägt sie vom Chessiloch aus unter den Brücken hindurch und wer beim Aarebistro aussteigt, kann gleich ein Bier bestellen, wenn er oder sie denn daran gedacht hat, Kleingeld mitzunehmen, in Badehose oder Schwimmsack. Ich muss es wissen, denn ich muss nur das Wohnzimmerfenster öffnen oder auf der Terrasse meine Ohren spitzen, um sie hören zu können, die schwimmenden Köpfe, gefüllten Gummiboote, die durchgestreckten Polizeiuniformen auch. Und wenn ich mich etwas vorbeuge aus dem Fenster, über das Geländer, dann sehe ich sie springen, die Halbstarken. Es erinnert an einen Balztanz aus alten Tagen, wie die Jungs ihren Mut zusammennehmen und ab der Brücke springen, ja sich sogar ab dem Dach des Umfahrungstunnels stürzen. Wäre es nicht gefährlich, sie würden es wohl nicht machen. Ich, das gebe ich gerne zu, war schon länger nicht mehr in der Aare und gesprungen bin ich noch gar nie. Eher unfreiwillig stieg ich das letzte Mal in den Fluss. Er war braun, es hatte geregnet und ich warf mich in Trainerhose auf ein vertrautes Pontonier-Boot, um das Magazin meiner übertriebenen Wasserpistole, die gerade per Post gekommen war, aus dem Ufergras zu fischen. Beim ersten Ausprobieren war es mir aus dem Fenster hinuntergefallen. Dass ich noch in folgender Nacht an der fast gleichen Stelle, unter der Eisenbahnbrücke, jenes Mädchen zum ersten Mal küssen würde, das ich heute noch immer küsse, hätte ich nicht zu hoffen gewagt. Olten ist eine verwunschene Stadt.