«Verschoben»
Auf dem Heimweg vom Coq d’Or traf ich vor ein paar Tagen auf einen Tross Nachtarbeiter. Das ist nicht weiter erstaunlich, denn wir Barkeeper und Kulturmenschen sind nicht die einzigen mit «verschobenem» Rhythmus. Gerade um den Bahnhof herum herrscht auch unter der Woche spätnachts rege Geschäftigkeit. Gleisarbeiter, die in leuchtenden Helmen und schweren Kitteln Weichen reparieren, mit ihren Schleifmaschinen und Lötkolben helle Funken insDunkel sprühen begegnen mir genauso wie beim Warten rauchende und wahrscheinlich manchmal über mehrere Sprachbarrieren hinweg diskutierende Taxi-Chauffeure.
Die eingangs erwähnten Nachtschicht-Schieber jedoch waren mir noch nie begegnet. In orangen Westen spannten sie auf der Unterseite der Eisenbahnbrücke, über welche die Züge von und nach Solothurn, Biel und Genf rattern, ein Netz. Gegen die Tauben, so nehme ich an, die dort auf den Simsen und Pfeilernsitzen und ihrer Natur, heisst ihrem Verdauungstrakt, freien Lauf lassen. Oder gilt es vielleicht doch den Obdachlosen? Ich mag mich erinnern, auch schon einen Schlafsack dort oben, knapp einen Meter unter den Gleisen, liegen gesehen zu haben.
Die wenigsten Menschen (leider schon ein paar) würden Tauben und Obdachlose auf die selbe Stufe stellen. Noch weniger die Jugendlichen, die ihre Freizeit, vielleicht auch mal ein wenig lauter, draussen verbringen und dabei, ob absichtlich oder nicht, auch mal ihren Müll liegen lassen. Die Art und Weise, wie man ihnen allen begegnet, unterscheidet sich nicht gross. Anstatt Netze zu spannen, schraubt man einfach Bänke ab und anstatt Nachtarbeiter in orangen Westen holt man solche in blauen Uniformen. Auch Probleme können «verschoben» werden.