Entschuldigt die Verspätung!

Daniel Kissling, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)
Daniel Kissling, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)

Ich steige gehetzt die Treppe vom Bahnhof hoch, drehe mich um, laufe zum Coq d’Or. Leute stehen schon vornedran und warten. Warten auf mich, damit die Sitzung endlich beginnen kann. «Entschuldigt!», keuche ich, «der Bus hatte Verspätung!»Wer mit mir zu tun hat, weiss (leider):
Ich komme (leider) praktisch immer zu spät, liefere zu spät ab, antworte zu spät. Nicht willentlich, sondern weil alles immer etwas länger dauert als geplant. Wie früher in der Schule, beim 1000-Meter-Lauf, renne ich immer etwas hintendrein. Nur waren es früher die Mitschüler und jetzt mein Leben, das schneller läuft als ich.

Auf jeden Fall ist ein verspäteter Bus immer eine gute Ausrede. Oder ein verspäteter Zug. Oder die Post, denn natürlich hab ich den Brief schon rechtzeitig eingeworfen, aber auf den Gelben Riesen ist ja heute auch kein Verlass mehr. Genauso wie auf die Swisscom, denn wenn mein WLAN gestern nicht rumgezickt hätte, hätte ich diesen Text bestimmt schon längst an die Redaktion geschickt.

Über grosse Institutionen zu meckern, gehört zum Schweizer Volkssport. Über Bahn und Post, Internetanbieter und Banken, über die Immobilienverwaltung und über den Staatsapparat sowieso. Sie seien träge und disfunktional. In vielen Fällen mag das stimmen, manchmal aber ist das nur Vorwand, Ausrede.

Als ich die Türe zum Coq aufsperre, entschuldige ich mich in Gedanken beim Bus-Chauffeur. Er kann nichts dafür, dass ich erst um fünf nach hier war. Der Bus kommt immer erst um fünf nach an. Vielleicht sollte ich meine Sitzungen in Zukunft einfach auf dann verlegen. Oder auf viertel nach, wie an der Uni. Dann könnte ich notfalls auf den nächsten Bus. Der kommt 20 nach an.

Weitere Artikel zu «Kolumne», die sie interessieren könnten

Kolumne28.02.2024

Oltner Hundeleben

Die Oltnerin Cathrine Müller hat herausgefunden, dass der Kanton über Jahre zu Unrecht Hundegebühren eingezogen hat. Seit das Verwaltungsgericht der…

Kolumne21.02.2024

Schön wars

Etwas durcheinander, weil diese Mail über das Aus des Stadtanzeigers so unerwartet kam, schliesse ich das Fenster meines digitalen Posteingangs. Ich greife zum…

Kolumne14.02.2024

Winterfreuden

Diesen Winter leben wir im Sparmodus. Nachdem wir unser Haus umgebaut haben, muss zuerst wieder Geld hereinkommen, bevor wir es ausgeben können. Konkret heisst…