200 Jahre Aufmüpfigkeit
Olten kann dieses Jahr einen runden Geburtstag feiern. Seit 200 Jahren hat die Stadt ein Grundgesetz zur Organisation der Stadtgeschäfte. Mit der Urkunde von 1817, die der Stadtarchivar in den jüngsten Neujahrsblättern beschreibt, wurde das Gerichtswesen definiert, und die Stadt erhielt eine eigene Regierung, einen Stadtammann sowie weitere Behörden. Mit der neuen Organisation für die Stadt Olten wollte die Obrigkeit der Solothurner Republik damals Öl auf die Wogen giessen. Denn die Oltner gaben sich aufmüpfig, sympathisierten mit revolutionären Ideen aus Frankreich und opponierten gegen die Aristokraten in Solothurn. Zwar hatte die Regierung in Solothurn weiterhin ein gewichtiges Wort mitzureden, wenn es um Personalgeschäfte ging. Und dennoch: Vor 200 Jahren wurde der Nukleus dermodernen Stadt Olten gelegt. Heute geht von Frankreich kein revolutionärer Geist mehr aus, eher ein konterrevolutionärer. In der Stadt Solothurn gibt es ihn aber noch da und dort, den aristokratischen Mief. Zumindest erzählt man sich das in Olten gerne, um die hiesigen Minderwertigkeitskomplexe ein bisschen zu kaschieren. Ansonsten sind die Oltnerinnen und Oltnern derzeit vor allem mit sich selbst beschäftigt und können kaum Impulse nach aussen geben. Nach Jahren des wohligen Schlemmens im Atel-Speckgürtel muss man sich neu aufstellen. Immerhin bewerben sich zehn Personen um fünf Stadtratssitze. Das spricht doch für ein lebhaftes Interesse an den aktuellen Geschäften der Aarestadt. Einer der zehn Kandidaten ist sogar ein «Wilder», der von seiner Partei nicht nominiert wurde, obwohl das sein Wunsch war.Ein Hauch von Aufmüpfigkeit weht offenbar weiterhin durch die Oltner Gassen.