Der Bubentraum

Irène Dietschi, Journalistin.
Irène Dietschi, Journalistin.

Es sei das schmerzlichste Kapitel in seinem Berufsleben gewesen, schreibt Starkoch Anton Mosimann in seiner eben erschienenen Autobiographie. Das «schmerzlichste Kapitel» bezieht sich auf das Säli-Schlössli über Olten, wo Mosimann im April 2001 ein Clubrestaurant eröffnete – und sich damit einen Bubentraum erfüllte, wie er in Interviews erzählte. Gutbetuchte sollten im Château Mosimann für 1’000 Franken jährlich «privilegierten Zugang zum Geheimnis im weissen Märchen- schloss über den Wolken erhalten». So buhlte Mosimann damals um Mitglieder. Gut zwei Jahre später war der Traum ausgeträumt. «Ich habe mehr geblutet als alle Beteiligten, und es war nicht nur Herzblut», schreibt Mosimann, 70-jährig geworden, über die Schliessung. Um den Konkurs abzuwenden, habe er Mitarbeiter am Schluss aus der eigenen Tasche bezahlt.

Anton Mosimann ist ein Selfmademan. Vom bescheidenen Wirtshausbuben in Nidau brachte er es zum Gourmetpapst in London, wo er regelmässig Royals und Promis bekocht. Fast möchte man ihn wegen der unseligen Säli-Schlössli-Geschichte bemitleiden – wüsste man nicht um die Kehr- seite dieses Kapitels: Mosimann bat Lieferanten und Baufirmen damals schwer zur Kasse, um seine Finanzen zu schonen. Wer ins «Château» liefern wollte, bezahlte mindestens 10’000 Franken für Anteilscheine, um überhaupt ins Geschäft zu kommen. Eine unübliche Praxis, welche die lokalen Unternehmer vor den Kopf stiess. Mosimann habe sein Schloss auf dem Buckel anderer finanziert, murrten viele Oltner.

Wer die Autobiographie liest, wundert sich nicht. Schon als Bub, schreibt Mosimann, habe er einen lukrativen Handel mit «Chüngle» betrieben. Und: «Wo ich eine Chance sah, Geld zu verdienen, habe ich sie gepackt.»

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