Bleibt Kinder!

<em>Irène Dietschi</em>, Journalistin.
<em>Irène Dietschi</em>, Journalistin.

Die Zeichen mehren sich bei uns zu Hause, dass etwas zu Ende geht. Die Jüngste sitzt vor dem Laptop und rauft sich die Haare: «Warum lässt sich das Bild verflixt nochmal nicht ins Dokument ziehen?», ruft sie verzweifelt. Sie ist in den letzten Zügen ihres SCHULABSCHLUSSPROJEKTS, das seit Wochen ihre Agenda (und Teile unserer Tischgespräche) bestimmt. Ein paar formale Details müssen noch geklärt werden, am nächsten Tage ist Abgabe. Nichts geht über eine Deadline - schon in der Schule. Auch die Mittlere ist in Endzeitstimmung. Bald sind Matur- prüfungen. Sie und ihresgleichen zelebrieren die letzten regulären Schultage an der Kanti mit einer eigenen Aktion: Eine Woche lang tragen sie verschiedene Mottos wie «Schlechter Geschmack», «Sixities to Nineties» oder «Kindheit» zur Schau.

Mein Blick fällt auf die Versatzstücke ihrer Kindertage, welche die Mittlere vom Dachboden runter- holt: den alten Schulsack mit den Delfinen auf dem Deckel; die Pokemon-Karten, mit denen schon der Älteste gespielt hatte; ein währschaftes Spielzeugauto; und schliesslich der Globi, der schon in meiner Jugend die Sorglosigkeit schlechthin symbolisierte. «Damit ist es nun vorbei», denke ich wehmütig. Bald gehören auch unsere Töchter endgültig zur «Leistungsgesellschaft», auf welche die Schule die Kinder so akribisch vorbereitet hat. Sind nicht schon Elfjährige burnout-gefährdet, wie man so liest?

Da platzt mein Gatte zur Tür herein und will von der ganzen Trübsal nichts wissen. «Kommt, wir spielen Karten!», ruft er fröhlich und pfeffert seine Tasche in die Ecke. Mir ist gleich wohler ums Herz. Auch wenn die Schule unserer Mädels nun zu Ende geht: Ein Stück Kindheit können wir uns immer und überall bewahren.

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