Antizyklische Fussball-WM

<em>Urs Bloch</em>, Mediensprecher.
<em>Urs Bloch</em>, Mediensprecher.

Einzelne harmlose Wolken am Himmel, federleicht wie ein junger Spatz. Die langsam untergehende Sonne lässt die Felder im Niederamt in unzähligen Grüntönen strahlen. Das Vorwärtskommen auf dem Velo Richtung Olten ist leicht wie ein Gleiten an diesem Freitagabend. Keine Hektik, nirgends. Nur wenige Autos sind unterwegs, man begegnet kaum einem Fussgänger. Die aussergewöhnliche Ruhe hatte ihren Grund, denn andernorts ging der Pulsschlag höher. Im ganzen Land waren zeitgleich Tausende vor grossen und kleinen Bildschirmen versammelt, um dem König Fussball zu huldigen. Die Schweiz spielte, und die Strassen waren leer. Früher standen viele vor dem Schaufenster des Radio- und Fernsehgeschäfts, um Fussballspiele oder Skirennen zu schauen. Denn zu Hause stand kein Fernsehapparat. Heute treffen sich die Sportfans freiwillig zum «Public Viewing». Gemeinsames Leiden und Jubeln war schon bei den Römern ein probates Mittel, um die Menschen bei Laune zu halten. So haben dieser Tage alle ihre Wahl. Die einen freuen sich über die WM, über grandiose Sportler, spotten über wehleidige Jünglinge und debattieren über Doppeladler. Anderen sagt der kollektive Rasen-Rausch nichts, sie geniessen die Stille während der Spiele. Im Sinne des antizyklischen Verhaltens machen sie dann, wenn alle gebannt auf den Bildschirm schauen, bewusst etwas anderes. Wobei das gegenwärtig gar nicht so einfach ist. Wer einen schönen Sommerabend im Freien eines Restaurants verbringen will, kann sich dem Fussball kaum entziehen, stehen doch vielerorts Bildschirme und zeigen dasselbe Programm. Man könnte als Wirt mal auf die Übertragung der WM verzichten und einfach bei Speis und Trank bleiben. Das wäre nicht nur antizyklisch, es wäre womöglich eine Marktlücke.

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