Strategie ist das A und O

Stadtpolizei Olten Der Stadtrat schlägt vor, die Stadtpolizei in die Kantonspolizei zu integrieren.

Dr. Bernhard Prestel hat langjährige Erfahrung im Zusammenführen von zwei eigenständigen Organisationen. mim)
Dr. Bernhard Prestel hat langjährige Erfahrung im Zusammenführen von zwei eigenständigen Organisationen. mim)

Letzte Woche hat sich der Stadtrat von Olten für eine Integration der Stadtpolizei in die Kantonspolizei ausgesprochen. Das Geschäft soll im Gemeindeparlament an der Sitzung vom 18. Dezember behandelt werden. Doch was spricht, neben der finanziellen Motivation, für eine Integration und was dagegen und wie kann eine solche aussehen? Der Stadtanzeiger hat bei Dr. Bernhard Prestel von der TC Team Consult AG nachgefragt. Der Jurist und langjährige Berater hat beispielsweise bereits die Überführung der Polizei von La Chaux-de-Fonds in die Kantonspolizei Neuenburg begleitet.

 

Herr Prestel, was sind Vor- und Nachteile eines Zusammenschlusses von Stadtpolizei und Kantonspolizei?

Generell ist festzustellen, dass in der Schweiz vermehrt Zusammenführungen von Stadt- und Kantonspolizeien stattfinden. Mit dieser Zusammenlegung werden Hauptressourcen an der Front und im Unterstützungsbereich freigelegt und zudem auch meist die Qualität verbessert. Ausserdem bestehen mehr Möglichkeiten im Bereich der technischen Unterstützung wie im Personal- und Ausbildungswesen. Deshalb würde ich sagen, dass es nur gute Gründe für eine Zusammenführung gibt. Ein Nachteil kann sich ergeben, wenn die Interessen einer Stadt zu wenig wahrgenommen werden. Solche Beispiele gibt es in Deutschland, wo die Polizeiarbeit anders geregelt ist als in der Schweiz und dadurch gewisse Städte mangels polizeilicher Ressourcen zu wenig Präsenz erhalten. Solche Nachteile können jedoch mit einem Vertragvermieden werden.

Wie zufrieden zeigt sich La Chaux-de-Fonds nach der Zusammenführung mit der Kantonspolizei Neuenburg?

Den Entscheid möchte niemand rückgängig machen. Im Kanton Neuenburg gab es drei unabhängige Stadtpolizeien. Aufgrund derFinanzprobleme hat La Chaux-de-Fonds darum gebeten, dass der Kanton die polizeilichen Tätigkeiten übernimmt. Le Locle strebt nun ebenfalls eine Zusammenführung an und auch die Stadt Neuenburg zieht mit, obwohl diese einst ihre Stadtpolizei behalten wollte. Nun geht der Kanton Neuenburg noch einen Schritt weiter und kantonalisiert nicht nur die Sicherheitsfragen, sondern auch derenFinanzierung.

Welche Aufgabe übernehmen Sie bei einer Zusammenführung?

Durch meine langjährige Erfahrung im In- und Ausland kann ich Klienten die verschiedenen Varianten einer Zusammenführung aufzeigen. Am Beispiel von La Chaux-de-Fonds mit dem Kanton Neuenburg wurde ich für die Ausarbeitung des Vertrages und das Definieren der Prozesse beauftragt.

Welche Unsicherheiten treten bei den einzelnen Organisationen, beispielsweise bei der Bevölkerung, auf?

Primär sollte eine Zusammenführung von den Interessen der Bevölkerung ausgehen. Deshalb rate ich der Stadt Olten gemeinsam mit der Kantonspolizei eine Sicherheitsstrategie zu entwickeln, in welcher sie die Probleme der Stadt definiert, ihre Ziele formuliert und auch gleich die dafür erforderlichen Ressourcen aufführt. Auf der Basis dieser Strategie sollte der Vertrag abgeschlossen werden. Dieser Vertrag bildet denn auch eine gute Grundlage für die Zukunft. Ein wichtiger Punkt für die Stadt ist es auch beim Thema der städtischen Sicherheit am Ball zu bleiben, denn trotz der Übernahme durch die Kantonspolizei muss sich auch die Stadt nach wie vor mit der Thematik auseinandersetzen. Unverändert wichtig bleiben beispielsweise die Fürsorge oder Streetworker und dürfen nicht eingespart werden. Aus diesem Grund ist auch die Definierung einer Sicherheitsstrategie sehr wichtig.

Welche Unsicherheiten zeigen sich bei den Politikern?

Bei Politikern sind oftmals die Finanzmittel ein zentrales Thema. Im Ausland zeigt sich bereits länger als in der Schweiz die Tendenz, dass auch bei wertkonservativen Organisationen, wie beispielsweise der Polizei, Einsparungen nötig werden. Ein zweites Thema der Politiker betrifft den Informationsfluss. Aber auch dieser kann in einem Vertrag klar festgelegt werden.

Und welche Unsicherheiten zeigt die Polizei?

Die Unsicherheiten von Stadtpolizei und Kantonspolizei sind meist nicht dieselben. Obwohl beide dieselbe Ausbildung besucht haben, ermöglicht ein Zusammenschluss den Stadtpolizisten neue berufliche Perspektiven. Sicherlich gibt es auch Fälle, in welchen die Stadtpolizisten unter Druck kommen. In so einer Situation wäre auch eine Aufgabe beim städtischen Dienst eine Möglichkeit. Die Kantonspolizei zeigte sich, wie ich der Evaluation entnehmen konnte, einst eher zurückhaltend wegen der Schnittstellen. Da sich nach einerZusammenführung alle im gleichen Korps befinden, sollte dieses Argument jedoch hinfällig werden.

Die Stadt Olten behält die «nichtpolizeilichen» Aufgaben, wie der Verkehr, das Gewerbe, der Handel oder das Taxiwesen in der eigenen Hand. Wie funktioniert da die Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei?

Es ist wichtig via einer Liste zu definieren, wer was macht. Ein guter Kontakt untereinander ist ebenfalls sehr wichtig.

Wie schätzen Sie eine Zusammenführung der Stadtpolizei und der Kantonspolizei ein?

Durch meine dreissigjährige Erfahrung kann ich sagen, dass ich die Polizeiarbeit kenne. Die Kantonspolizei Solothurn ist modern organisiert und nach Prozessen ausgerichtet. Zudem richtet sie ein besonderes Augenmerk auf die lokale Sicherheit. Deshalb sehe ich bei einer Integration für die Stadt Olten keine Probleme, wenn alle Vorkehrungen mit Sicherheitsstrategie und darauf aufbauendem Vertrag korrekt und überlegt getroffen werden. Ausserdem gibt es einen weiteren nicht zu unterschätzenden Faktor im Bereich der Teamarbeit: Es ist wichtig, dass sich die Menschen verstehen und so eine gute Zusammenarbeit möglich ist. Um ein gutes Klima zu haben, ist es nötig sich regelmässig zu treffen, die Probleme nicht inden Himmel wachsen zu lassen und einen vernünftigen, partnerschaftlichen Umgang zu pflegen.

Nehmen wir als Beispiel einen Grossanlass in Olten. Besteht für die Stadt Olten noch die Möglichkeit darauf zu reagieren?

Durch eine Zusammenführung erhält die Kantonspolizei auch mehr personelle Ressourcen, was die Bearbeitung eines Grossanlasses vereinfacht. Zudem liegt die Sicherheitsverantwortung nun bei der Kantonspolizei. Des Weiteren können Experten im Bereich der Sicherheitsbetreuung von Grossanlässen beratend hinzugezogen werden.

In der Stadt Lyss (BE) wurde die Polizei 2007 in die Kantonspolizei Bern integriert. Nun zeigt sich Lyss unzufrieden mit der Leistung und kündigt ihren Vertrag. Ist dies Ihrer Meinung nach das Resultat eines schlecht ausgearbeiteten Vertrages?

Ich kenne diesen Vertrag nicht, aber vielleicht hat sich die Situation anders entwickelt, worauf nun der Vertrag neu definiert werden muss. Auch hier wäre eine Ausarbeitung einer Sicherheitsstrategie empfehlenswert. Vielleicht müsste die Stadt auch mehr bezahlen. Um die Kosten tief zu halten, besteht auch die Möglichkeit mitSicherheitsassistenten zu arbeiten, denn in erster Linie ist die Präsenz für ein gutes Sicherheitsgefühl entscheidend.

Herr Prestel, herzlichen Dank für das Interview.

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