Farben bestimmen sein Leben

Rote Woche Vom 12. bis 19. März findet in Olten die «Rote Woche» statt. Anlässlich dieser wird der Künstler und Farbforscher Stefan Muntwyler am Freitag, - 13. März vielschichtig von der Farbe Rot erzählen. - Der Stadtanzeiger hat ihn zum Gespräch getroffen.

Farbforscher Stefan Muntwyler in seinem Atelier in Windisch (AG). mim)
Farbforscher Stefan Muntwyler in seinem Atelier in Windisch (AG). mim)

Anlässlich des Schauspiels «Rot» von John Logan über den amerikanischen Maler Mark Rothko, welches am Donnerstag, 19. März im Stadttheater Olten gezeigt wird, haben sich das Stadttheater, das Kunstmuseum und das Kino Lichtspiele zusammengeschlossen und eine «Rote Woche» ins Leben gerufen. Bestehende Angebote im Kunstmuseum Olten, wie Kunst für Senior/innen, kunst-lupe oder Kunst zum Zmittag, widmen sich in dieser Zeit der Farbe Rot. Zudem zeigt das Kino Lichtspiele den Film «Il deserto rosso - Rot im Film». Ein Höhepunkt der Woche sind sicherlich die Farbgeschichten des Künstlers und Farbforschers Stefan Muntwyler am Freitag, 13. März im Kunstmuseum. Der Abend ist eine abenteuerliche Reise ins Reich der roten Farben.

Farbkasten für den Aargau

«Es sieht im Moment nicht wie in einem Atelier aus», entschuldigt sich Stefan Muntwyler zu Beginn des Gesprächs. Der Künstler war gezwungen sein Atelier in Windisch (AG), welches sich mitten in einem Wohnquartier befindet, nach mehr als 20 Jahren zu renovieren. An einigen Wänden hängen Bilder, bemalt mit satten Farben. «Dieses Kardinalsrot werde ich in Olten zeigen», erklärt Muntwyler. Neben den wenigen Farbklecksen türmen sich Boxen. Darin versteckt sind die unterschiedlichsten Materialen wie Erde und Gesteine, welche Muntwyler für seine Arbeit benötigt. Er öffnet eine Box und zeigt die Materialien für sein neustes Projekt. Wie bereits für die italienische Stadt Otranto soll der Forscher bis Ende Jahr in Zusammenarbeit mit einem Geologen einen14-teiligen Farbkasten mit den Farben des Kantons Aargau entwerfen. «Eine Herzensangelegenheit», wie der Aargauer Künstler lachend betont. Gemeinsam mit dem Geologen sammle er die Materialien und entwerfe die Geschichten dazu. Die Rezeptur und Farbe aber stelle dann ein Fachmann in Deutschland her.

Wie wird man ein Farbforscher?

Wie vieles in Muntwylers Leben hat sich auch die Berufsrichtung zunächst zufällig ergeben. «Ich stamme aus einer Lehrerfamilie. Mein Vater war jedoch auch künstlerisch sehr ambitioniert. Er führte eine Laienbühne und malte in der Freizeit, weshalb ich ihn nicht selten mit meinem Zeichnungsblock begleitete», erzählt Muntwyler. Aufgrund des grossen Verständnisses für die künstlerische Tätigkeit sei er auf seinem beruflichen Weg stets durch seine Eltern unterstützt worden. Zunächst trat er jedoch in die elterlichen Fussstapfen und liess sich am Seminar in Wettingen zum Primarlehrer ausbilden. Darauf absolvierte er den Vorkurs an der Kunstgewerbeschule in Zürich, worauf es den damals 23-Jährigen in die grosse Welt hinauszog. Seine Reise nach Griechenland führte ihn zunächst durch Italien bis zum letzten Hafenort mit Namen «Otranto», von welchem noch ein Schiff nach Griechenland fährt. In dieser Kleinstadt, am untersten Absatz des Stiefels in Apulien gelegen, blieb er hängen. «Es war Liebe auf den ersten Blick», erinnert sich der Künstler. Ohne ein Wort italienisch zu sprechen, blieb er zweieinhalb Monate und lernte die Sprache von den Dorfbewohnern. Doch Otranto sollte nicht nur zu Muntwylers zweiter Heimat werden, sondern stellte auch das Fundament seiner folgenden Forschungstätigkeit. «Ich entdeckte eine Grube, in welcher Bauxit abgebaut wurde, welches zur Herstellung von Aluminium benötigt wird. An den Wochenenden schlich ich mich dorthin und geriet aufgrund der unterschiedlich roten Erdtöne in einen Farbenrausch», so Muntwyler. Seither besucht der Künstler seine zweite Heimat regelmässig und beschäftigt sich mit verschiedenen (Farb)-Themen Otrantos. Ausserdem führte er über die Jahre unterschiedliche Projekte wie Ausstellungen, pädagogische Projekte mit den Schulen von Otranto und Kurse über den Abbau von Materialien durch. Seinem ursprünglichen Beruf, dem des Lehrers, ist Muntwyler jedoch stets treu geblieben und unterrichtet mit kleinem Pensum an der Volksschule in Gebenstorf (AG).

Von Cleopatra, Columbus und Läusen

Für seine eigene Kunst entwirft Muntwyler die Rezeptur für seine Farben selbst. «Ich habe über die Jahre begonnen monochrom zu malen. Dies bedeutet, die Farben nicht mehr miteinander zu vermischen. Als Maler interessiert mich die Reinheit der Pigmente», erklärt der Künstler. Im 2010 hat Muntwyler das Farbkompendium «Farbpigmente Farbstoffe Farbgeschichten» veröffentlicht. Zwei Jahre später wurde der Farbforscher mit dem «Karl Miescher Preis» vom Deutschen Farbzentrum mit den Worten ausgezeichnet: «Wer ein Buch dieses Inhalts in so hoher Qualität auf allen Ebenen realisieren kann, der hat mindestens 20 Jahre zu diesem Thema gearbeitet und geforscht». Im Kompendium werden jedoch nicht nur die verschiedensten Materialien und Farbschattierungen benannt und erklärt, sondern auch kunstgeschichtliche Hintergründe und Zusammenhänge beleuchtet. «Die blauste Farbe für einen Maler war das Ultramarin, gewonnen aus dem Gestein Lapislazuli. Dieses Pigment (Pulver aus Stein) wird noch heute als Kostbarkeit gehandelt. Die Farbe, respektive die Rohstoffe, haben deshalb seit je auch etwas mit Ressourcen zu tun», erklärt der Forscher. Über die vergangenen dreissig Jahre hat sich Muntwyler neben den Rohstoffen und Farben auch ein riesiges Wissen in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht rund um die Geschichte der Farben angeeignet. «Die Farbe Purpur wird aus einem weisslichen Drüsensekret der Purpurschnecke gewonnen und es stand einst in Ägypten nur Cleopatra zu, diese Farbe zu tragen. Um auf die Farbe Rot zurückzukommen, ist es auch spannend zu wissen, dass das Karminrot oder auch Kardinalsrot im europäischen Raum erst seit Columbus verwendet wird. Er brachte diese tiefrote Farbe, die aus den Cochenille-Läusen oder auch Schildläusen gewonnen wird, zu uns. Die Läuse werden heute auch zum Färben des roten Alkoholgetränkes Campari benutzt», erzählt Muntwyler. Und so könnte man ihm noch stundenlang zuhören. Wenn auch Sie in die farbenprächtige Welt von Stefan Muntwyler eintauchen möchten, am Freitag, 13. März bietet sich die Gelegenheit.

Farbkompendium: «Farbpigmente Farbstoffe Farbgeschichten»

978-3-033-02968-2; 98.-

www.stefanmuntwyler-pigmente.ch

 

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