Schweizer Rousseau in Olten

Kunstmuseum Olten Am vergangenen Samstag wurde die neue Ausstellung über den Thurgauer Künstler Adolf Dietrich im Kunstmuseum Olten eröffnet. Direktorin Dorothee Messmer zeichnete im Vorfeld ein Bild des Malers, dem zeit seines Lebens die detaillierte und naturgetreue Umsetzung in seinen Werken ein grosses Anliegen war.

Kunstmuseumsdirektorin Dorothee Messmer arbeitete den Nachlass von Adolf Dietrich auf. Hier steht sie vor ihrem Lieblingswerk (rechts) und einem Gemälde von Félix Vallotton. (Bild: mim)
Kunstmuseumsdirektorin Dorothee Messmer arbeitete den Nachlass von Adolf Dietrich auf. Hier steht sie vor ihrem Lieblingswerk (rechts) und einem Gemälde von Félix Vallotton. (Bild: mim)

Die am vergangenen Samstag mit einer Vernissage eröffnete, neue Ausstellung «Mit durchaus zeitgemässem Charakter - Adolf Dietrich in seiner Zeit (und darüber hinaus)» über den thurgauer Künstler Adolf Dietrich präsentiert sich auf vier Stockwerken im Kunstmuseum Olten. Die Idee, einen Thurgauer Künstler in Olten zu zeigen, basierte insbesondere auf den Kontakten von Kunstmuseumsdirektorin Dorothee Messmer, die vor ihrem Wechsel nach Olten bis 2012 Projektleiterin und Kuratorin am Kunstmuseum Thurgau war. Zu dieser Zeit arbeitete sie den Nachlass von Adolf Dietrich auf und konzipierte gemeinsam mit Markus Landert, Direktor des Kunstmuseums Thurgau, drei Ausstellungen. Dieses umfassende Wissen und die guten Kontakte ermöglichten einerseits eine breit gefächerte Ausstellung und andererseits eine kostenoptimale Umsetzung für das Kunstmuseum Olten, da sich sowohl der Lotteriefonds sowie die kürzlich gegründete Stiftung «Adolf Dietrich» an den Kosten beteiligten.

Märchenhafte Kunstkarriere

Adolf Dietrich wurde 1877 in Berlingen am Untersee im Kanton Thurgau geboren. Er wuchs als Nachzügler von sechs bedeutend älteren Geschwistern in ärmlichen, ländlichen Verhältnissen auf. Während dieser Zeit sei es üblich gewesen, dass nicht vermögende Kinder eine Lithografen-Lehreabsolvierten. Nicht so Adolf Dietrich, der gezwungen war, seinen alten Eltern im Haushalt zu helfen und sie mittels Gelegenheitsjobs zu unterstützen, erzählte Dorothee Messmer. Die einzige Ausbildung, die Dietrich genossen habe, sei diejenige durch seine Lehrer und zwei in Berlingen wohnhafte Künstler gewesen. Doch bereits in jungen Jahren hat er begonnen, in der Natur Gegenstände zu sammeln und diese nachzuformen oder zu zeichnen. «Adolf Dietrich legte Wert darauf ein naturgetreues und realistisches Abbild mit einer guten Technik zu malen», so Messmer. Diesen realitätsnahen Stil behielt Adolf Dietrich, der zeit seines Lebens in Berlingen als Junggeselle, aber in der Dorfgemeinschaft eingebettet, wohnhaft blieb, bis zu seinem Tod mit 80 Jahren bei.

Entdeckung um 1920

«Die Entdeckung von Adolf Dietrich ähnelt einem Märchen», erzählt die Direktorin des Kunstmuseums Olten. Dietrich bekam die Gelegenheit im «Bodenseebuch» einige Illustrationen abbilden zu können. Durch diese Publikation wurde er entdeckt und es folgte die erste Ausstellung in der Schweiz und sobald weitere in Deutschland. «Die sogenannte neusachliche Malerei boomte bis 1933 in unserem Nachbarland. Darauf folgte der nationalsozialistische Umschwung. Doch während ebendieser Zeit wuchs das Interesse an der romantischen Malerei Dietrichs in der Schweiz», erklärt Messmer.

Dietrich der Tierfreund

Als grosser Tierfreund beheimatete Dietrich nicht nur Meerschweinchen und setzte sich für Vögel ein, sondern verewigte sie auch regelmässig in seinen Werken. Adolf Dietrich, der immer in seiner Stube in seinem Elternhaus in Berlingen malte, konnte eine erfolgreiche Karriere verzeichnen, wobei er von vielen politischen Strömungen und Trends im heimischen Thurgau kaum etwas mitbekam. So entwickelte sich auch der Stil Dietrichs kaum weiter, wobei sich seine Werke in späteren Jahren in Farbe und Bildausschnitt veränderten. Dies wurde mit dem Alter und einer damit zusammenhängenden Erkrankung sowie der Fotografie, seine zusätzliche Leidenschaft, in Zusammenhanggebracht.

Gegenüberstellung

«Seit den 90er-Jahren gab es einige Ausstellungen über Adolf Dietrich, in welchen er stets als erfolgreicher Techniker und als sehr guter Maler gefeiert wurde», betonte Messmer. Bisher sei Dietrich jedoch nie im Kontext rezipiert worden. Bis heute in Olten. Denn mit der neuen Ausstellung «Mit durchaus zeitgemässem Charakter- Adolf Dietrich in seiner Zeit (und darüber hinaus)» zeigt das Team des Kunstmuseums Olten einerseits das breite Schaffen Dietrichs, aber stellt ihm auch stilverwandte Maler wie Cuno Amiet, Frans Snyders, Camille Bombois oder Félix Vallotton gegenüber. So beginnt die Ausstellung im Parterre mit je drei Selbstporträts von Kuno Amiet und Adolf Dietrich. Zwar orientierten sich beide Maler mit ihrem Stil an den Altmeistern, doch hätten ihre Leben nicht unterschiedlicher sein können. Amiet als akademischer Maler mit Ausbildungen in Deutschland und Paris malte sich stets mit Fliege. Adolf Dietrich aus ärmlichen Verhältnissen stammend, wählte für das erste Selbstporträt um 1914 zwar seinen besten Anzug, zeichnete jedoch mit Pastellkreide oder Bleistift, da Farbe zu teuer war. Die darauffolgenden zwei Selbstporträts zeigen Dietrich, wie er war, naturverbunden und bescheiden.

Hervorragende Technik

In den weiteren Räumen der Ausstellung sind die verschiedenen Wirkenssparten Dietrichs zu sehen: Stillleben, Porträts, Naturmalerei, Skizzenbücher, Malereien mit Fokus auf das eigene zu Hause und Fotografien aus den späteren Jahren. Selbstverständlich durften auch seine wertvollsten Werke, die sogenannten «Sturmbilder», welche er am Untersee gemalt hat, nicht fehlen. Im Hinblick auf die Finissage am 30. August sei eine grosse Publikation über Dietrich vorgesehen. Das Bemerkenswerteste an seiner neusachlichen Malerei ist die Tatsache, dass der Künstler eine ebenso detailgenaue und saubere Technik aufweist, wie seine anderen, im Gegensatz zu ihm, sehr gut ausgebildeten Berufskollegen. «Besonders in der stupend beherrschten, collageartigen Konstruktion von Wirklichkeit zeigt sich die Meisterschaft Dietrichs», so Messmer, was die zahlreichen Sammler bestätigen.

 

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