In göttlicher Kilbi-Mission

Kilbi Vom Freitag, 7. bis Montag, 10. August heisst - es in Olten wieder – feiern, essen und sich amüsieren. Zum ersten Mal ist Adrian Bolzern, der neue Circus-, Markthändler- und Schaustellerseelsorger, an der - Oltner Kilbi anwesend. - Der Stadtanzeiger hat mit ihm über lange Arbeitstage und die Sorgen der Leute gesprochen.

Der alte und der neue Circus-, Markthändler- und Schaustellerseelsorger Ernst Heller (rechts) und Adrian Bolzern 2014 im Zirkus Knie mit den speziell angefertigten Stolas, die die Pfarrer bei jedem Einsatz tragen. (Bild: Thomas Biasotto)

Der alte und der neue Circus-, Markthändler- und Schaustellerseelsorger Ernst Heller (rechts) und Adrian Bolzern 2014 im Zirkus Knie mit den speziell angefertigten Stolas, die die Pfarrer bei jedem Einsatz tragen. (Bild: Thomas Biasotto)

Der Kilbi-Gottesdienst mit Pfarrer Ernst Heller im Jahr 2012 auf dem Autoscooter. (Bild: mim)

Der Kilbi-Gottesdienst mit Pfarrer Ernst Heller im Jahr 2012 auf dem Autoscooter. (Bild: mim)

Für den Spass und das leibliche Wohl an der OltnerKilbi sorgen 52 Schausteller (inkl. Verpflegungszelte) und80 Markthändler, die in und um das Stadtzentrum teilweise bereits am Dienstag mit dem Aufbau der Stände und Bahnen begonnen haben. Neben dem traditionellen Fischessen, den Fonser-Crêpes und dem Raclettebrot von der Rätschwyber Zunft kann mit dem Biergarten/Lounge «Zum Alten Spittelwirt» auch Neues an der diesjährigen Kilbi präsentiert werden. Ebenfalls neu ist Pfarrer Adrian Bolzern. Sein Vorgänger Pfarrer Ernst Heller wurde 1999 als erster katholischer Circus-, Markthändler- und Schaustellerseelsorger in der Schweiz eingesetzt. Er verstand es, auch an der Oltner Kilbi, mit viel Charme und Schalk den traditionellen Kilbi-Sonntags-Gottestdienst auf dem Autoscooter von Maja Hauri zu halten. Vergangenen Sommer ging er in Pension.

Circus-, Markthändler- und Schaustellerseelsorger

Seit ziemlich genau einem Jahr hat nun der 36-jährige Adrian Bolzern das Amt übernommen. «Das erste halbe Jahr wurde ich von Pfarrer Ernst Heller begleitet und in die Tätigkeit eingeführt. Seit Anfang Jahr bin ich nun alleine unterwegs, darf jedoch stets auf Rat und Tat von Pfarrer Heller zurückgreifen», erklärt Adrian Bolzern. Ebenso wie seinem Vorgänger ist ihm ein gewisser Schalk anzusehen. Aber wieso ist eigentlich ein Pfarrer für Circus-, Schausteller- und Marktleute nötig? «Man muss sich vorstellen, dass diese Personen in der Regel während acht Monaten ohne Bezugspunkt unterwegs sind und es somit schwierig ist, eine Verbindung zu einer Kirche aufzubauen», erklärt Bolzern. Deshalb sei es für die Leute wichtig, dass es eine Bezugsperson gebe, die bei einer Taufe, einer Hochzeit, einem Geburtstag oder einer Beerdigung zu ihnen reise. «Es hat mich erstaunt, aber sehr gefreut, mit welcher Offenheit und mit wie viel Vertrauen ich als Pfarrer aufgenommen worden bin. Das ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich», erzählt Bolzern.

Weg liegt in der Familie

Adrian Bolzern wurde im solothurnischen Breitenbach als dritter von vier Buben geboren. Doch dort sollte die Familie nicht lange bleiben. Umzüge nach Emmenbrücke (LU), Dittingen (BL) und Zwingen (BL) folgten. «Mein Vater war Theologe und somit wechselte mit einer neuen Stelle meist auch der Wohnort - nicht immer zur Freude von uns Kindern», erklärt der Pfarrer schmunzelnd und fügt an: «Vielleicht haben die vielen Umzüge mich auch beeinflusst, denn ich bin in meiner heutigen Tätigkeit auch viel unterwegs.» Selbstverständlich wurden in der Familie Bolzern auch die üblichen kirchlichen Feiertage begangen, wie der Karfreitag. «Es gehörte zur Familientradition an diesem Tag nicht mit dem «Karfreitagsrätsch» belegt zu werden, deshalb gab sich jedes Familienmitglied besondere Mühe am Morgen möglichst lange nicht zu sprechen. Der erste, der etwas sagte war der «Rätscher», erzählt Bolzern lachend. «Selbstverständlich gehörte es auch zur «Pflicht» den Gottesdienst zu besuchen, was uns nicht immer gefreut hat. Aber nichtsdestotrotz habe ich denselben Weg eingeschlagen wie mein Vater», erzählt Bolzern augenzwinkernd.

Vom Landschaftsgärtner zum Pfarrer

Nach seiner Schulzeit absolvierte Adrian Bolzern eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner. «In meiner Freizeit war ich von Klein an stets in der Pfarrei tätig, Mitglied in der Jungwacht Blauring, Ministrant und später Aushilfssakristan», erzählt der 36-Jährige. Zwar gefiel ihm seine Tätigkeit als Landschaftsgärtner, doch der Job sei hart. Er habe nach Optionen gesucht und beschlossen sein Hobby zum Beruf zu machen. Im Jahr 2000 schrieb er sich am heutigen Religionspädagogischen Institut in Luzern ein. Nach dem Praktikum als Katechet und Jugendarbeiter gefiel es Bolzern so gut, dass er für vier weitere Jahre in dieser Funktion in der Pfarrei St. Nikolaus in Reinach (BL) blieb. «In diesen vier Jahren reifte auch mein Entschluss, alles auf die Karte Kirche zu setzen - mit den geltenden Regeln, wie beispielsweise dem Zölibat», so Bolzern. Nach vierjähriger Ausbildung wurde er 2011 zum Diakon und 2012 durch Bischof Felix Gmür zum Priester geweiht. «Bis 2014 arbeitete ich als Vikar im Pastoralraum am Mutschellen, als ich die Möglichkeit bekam in Aarau als Priester und einem 30%-Pensum als Circus-, Markthändler- und Schaustellerseelsorger tätig zu sein.

Eine Herzensangelegenheit

Zu Anfang sei es eine grosse Herausforderung gewesen, gleichzeitig zwei neue Stellen zu beginnen, gibt Bolzern zu. Sein Vorgänger Ernst Heller belegte ein 100%-Pensum als «Kilbi-Pfarrer» während nun Bolzern noch ein 30%-Pensum zur Verfügung hat. Wie geht das auf? «Eher schlecht», gibt Bolzern zu, aber er wolle nicht jammern. Doch tatsächlich sei es so, dass er nicht selten sieben Tage die Woche im Einsatz stehe, was mit der Zeit an seinen Ressourcen nage. Deshalb sei ein Gespräch über eine Pensenerhöhung nötig. Gibt es so etwas wie einen Tagesablauf? «Eher weniger, da meist die Anfragen eher kurzfristig eintreffen. Der vergangene 12. Juli ist beispielsweise ein langer Arbeitstag gewesen. Am Morgen brach ich gegen sieben Uhr in Rust (D) auf, da ich am Abend zuvor den 40-Jahr-Jubiläums-Anlass des Europaparks, der trotz deutschem Boden zu meinem Betreuungsgebiet gehört, begleiten durfte. Danach hielt ich in Ibach (SZ) einen Gottesdienst, um weiter nach Yverdon-les-Bains (VD) an eine Taufe zu fahren. Es waren allesamt wunderschöne Feiern und ich möchte keine missen, doch der Arbeitstag endete um 22 Uhr, als ich nach Hause kam.» Dass es Bolzern sichtlich Freude bereitet als «Kilbi-Pfarrer» im Einsatz zu stehen, ist nicht zu übersehen, so strahlt er doch stets bei seinen Erzählungen übers ganze Gesicht. «Oh ja, ich liebe Bahnen und scheue die wenigsten», lacht Bolzern. Auch sei es so, dass es ein ungeschriebenes Gesetz sei, dass der Pfarrer die Bahnen kostenlos besuchen dürfe. «Ich wollte das zu Anfang nicht, doch Ernst Heller erklärte mir, dass ich die Leute beleidigen würde, wenn ich das Angebot nicht annehme. So hat neben mir, auch mein 5-jähriger Göttibub Freude, mit mir die Kilbis zu besuchen», erzählt er schmunzelnd.

Kein Firlefanz

Und wo drückt der Schausteller- und Markthändler-Schuh? «Es ist zwar ein leidiges Thema, aber in der Regel handelt es sich um finanzielle Sorgen und Existenzängste», weiss der Pfarrer. Der Erfolg einer Kilbi ist sehr abhängig vom Wetter. Die vergangene Hitze habe den Schaustellern und Marktfahrern zugesetzt und dasPublikum ferngehalten, wie es auch bei Regen der Fall ist. «Die Leute benötigen das Geld nicht nur für die eigene Existenz, sondern auch, um Amortisationsarbeiten zu tätigen. Deshalb sind auch Gebühren und der Konkurrenzkampf ein Thema. Manchmal frage ich mich, wieso die Leute nicht mehr unterstützt werden, beispielsweise mit niedrigeren Gebühren, da es sich beim Schausteller- und Markt-Gewerbe auch um ein Kulturgut handelt. Es ist Fakt, dass nicht einige, sondern viele Schausteller und Marktfahrer finanziell am Limit sind.» Und wie unterscheidet sich eine Predigt in der Kirche von einer Predigt auf dem Autoscooter? «Bei den Schaustellern und Marktfahrern handelt es sich um geerdete Leute, die einem sagen, wenn sie einen für einen Trottel halten», weiss der 36-Jährige. «Deshalb ist es wichtig keinen Firlefanz in der Predigt einzubauen, sondern eine Brücke zum Alltag der Leute zu schlagen, damit jeder etwas für sich mitnehmen kann. In Olten werde ich beispielsweise den Marienkäfer als Glücksbringer in die Predigt einfliessen lassen», erzählt Pfarrer Adrian Bolzern.

 

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