Hommage an Paul Meier

Kunstmuseum Olten Noch bis am Sonntag, 6. November, ist die Ausstellung über Paul Meier, den ehemaligen Konservator des Kunstmuseums Olten, zu sehen. Eine Hommage und zugleich ein Stück Oltner Kunstmuseumsgeschichte.

Gemäss Kuratorin Katja Herlach pflegte Konservator Paul Meier auch guteKontakte zu den Oltner «Künstler-Rebellen», zu denen auch Agnes Barmettler (Bild) gehörte. (Bild: mim)
Gemäss Kuratorin Katja Herlach pflegte Konservator Paul Meier auch guteKontakte zu den Oltner «Künstler-Rebellen», zu denen auch Agnes Barmettler (Bild) gehörte. (Bild: mim)

Zwei Punkte hätten den Ausschlag für die Ausstellung über Konservator Paul Meier gegeben, erzählt Katja Herlach, Kuratorin und stellvertretende Direktorin des Kunstmuseums Olten. «Einerseits wollen wir die Sammlung des Kunstmuseums stets unter neuen Gesichtspunkten zeigen. Andererseits wollten wir die Arbeit von Paul Meier würdigen, der am 22. März 2016 verstarb. Deshalb entschieden wir uns, ihn in einer Art zu ehren, die am langlebigsten ist: Mit der Kunst, die er einst für das Kunstmuseum zusammengetragen hat», erklärt Katja Herlach. Von den 600 Werken, welche die Sammlung während seiner Wirkungszeit von 1961 bis 1983 bereicherten, sind 70 Werke in der Ausstellung zu sehen. «Mit den ausgestellten Bildern wollten wir die verschiedenen Aspekte seiner Arbeit aufzeigen», erklärt Herlach. Dafür stieg die Kunsthistorikerin ins Archiv des Museums und entdeckte neben dem Menschen Paul Meier auch viel Spannendes über das Gebäude, in welchem das Kunstmuseum seit Mitte der 1950er-Jahre beheimatet ist. Paul Meier hat die sorgfältige Arbeit seiner Vorgänger, die vor allem regionale und Westschweizer Kunst gesammelt haben, weitergeführt und die Kunstmuseumspforten für die zeitgenössische Kunst geöffnet.

Wissen selbst angeeignet

Bereits in jungen Jahren interessierte sich Paul Meier für die Kunst. Der Primarlehrer, der zwei Jahre in Rom an der Schweizer Schule unterrichtete und später bis zu seiner Pensionierung als Berufsschullehrer tätig war, stieg als Quereinsteiger in die Szene ein. Er besuchte Kunstge- schichtsvorlesungen und viele Ausstellungen und schaffte es, sich durch sein persönliches Feuer über die Jahre ein grosses Wissen anzueignen. «Er scheute sich auch nicht davor, in jungen Jahren Cuno Amiet oder Alberto Giacometti in ihren Ateliers zu besuchen», erzählt Herlach. Sein Freund, der Künstler Roman Candio, ermutigte Paul Meier schliesslich, sich 1961 für die Stelle des Konservators am Kunstmuseum zu bewerben. «Da er mit der Museumsführung nicht vertraut war, absolvierte Paul Meier in seinen Ferien ein Praktikum im Kunstmuseum Basel und eignete sich so unter anderem Wissen in Bereichen wie Inventarisierung und Restaurierung an. Dieses wendete er zum Beispiel an, indem er jeweils in den Sommerferien mit Unterstützung einer Galeristin Abteilung um Abteilung der Sammlung erfasste», erzählt Herlach und betont: «Dass Paul Meier der Organisation des Museums viel Bedeutung beigemessen und gewissenhaft gearbeitet hat, ist uns heute eine grosse Hilfe.» Auch die von ihm herausgegebene Publikation «Sammlungskatalog, Band 1» ist heute noch fast täglich in Gebrauch. «Dabei muss jedoch festgehalten werden, dass Paul Meier in den Anfängen für drei Stunden pro Woche und einen Jahreslohn von 1’800 Franken angestellt war. Anhand dessen ist zu sehen, wie viel Engagement er gemeinsam mit seiner Frau, die Briefe tippte und Werklisten verfasste, ins Kunstmuseum steckte», so Katja Herlach.

Ausbau steht bis heute aus

In den Anfangszeiten von Paul Meier war das Kunstmuseum auf drei Gebäude verteilt. «Bereits damals haben Ausbaupläne für den heutigen Standort existiert. Zuerst hat Paul Meier 1961 ein ordentliches Gemäldedepot geschaffen», erklärt die Kuratorin. Neben den drei Standorten fanden bis 1965 in den Räumen der Atel Wechselausstellungen des Kunstvereins statt. Anschliessend wurde bis vor kurzem dafür der 10. Stock des Stadthauses genutzt. 1969 beschloss der Stadtrat den Ausbau des Museumsstandortes Kirchgasse 8. Ein Jahr darauf gab man die bisherigen Standorte auf und bezog das um den zweiten und dritten Stock erweiterte Kunstmuseum, das seither auch über einen eigenen Eingang verfügt. In den Jahren 1975 und 1977 folgten der Anbau und die Erneuerung der Fassade. «Man wählte damals eine sparsame Umbauvariante, da man davon ausging, dass das Kunstmuseum spätestens 1979 erneuert werden wird», erzählt Katja Herlach und fügt an: «Während seiner Wirkenszeit hat Paul Meier die Museumssammlung um viele zeitgenössische Werke erweitert, die aufgrund ihrer Grösse nicht alle im Kunstmuseum präsentieren werden konnten. Bis heute haben keine nennenswerten baulichen Veränderungen mehr stattgefunden, sodass wir noch immer mit denselben Problemen kämpfen.»

Geschickter Verhandlungspartner

Im Treppenhaus auf dem Weg in den dritten Stock, auf welchem die Ausstellung über Paul Meier gezeigt wird, hat Katja Herlach anhand einer Auswahl an alten Ausstellungsplakaten das breite Wirkungsfeld von Paul Meier aufgezeigt. «Der Konservator verstand es einerseits Künstlern, aber auch neuen Kunstströmungen mit einer grossen Offenheit zu begegnen», betont die Kuratorin.
Er entdeckte schon bald, dass er mit dem Ausstellen von Privatsammlungen auch ausser- gewöhnliche Künstler nach Olten holen konnte. So zeigte er die «Kupferstiche» von Albrecht Dürer, scheute sich aber auch nicht neue Strömungen mit den Surrealisten H.R. Giger,
W. Wegmüller und C. Sandoz zu präsentieren oder gutbürgerlich eine Ausstellung über die
«Die Solothurner Landschaften» zu zeigen. Die Sammlung erweiterte er, indem er Ende der 1970er-Jahre Werke von den Zürcher Konkreten, wie Max Bill, kaufte. Meier entpuppte sich als überzeugender und geschickter Verhandlungspartner und konnte so mehrfach den Kanton einspannen, wenn es darum ging, dass er sich ein bestimmtes Werk anschaffen wollte. Auch deshalb kann das Kunstmuseum Olten heute eine beachtliche Sammlung ihr Eigen nennen, die Werke von Albert Anker und Ferdinand Hodler beinhaltet. Zudem legte Paul Meier wichtige Grundsteine für Beziehungen, die bis heute halten. So entdeckter er an einer Ausstellung in Solothurn den in Vergessenheit geratenen Solothurner Künstler Otto Morach. Begeistert organisierte er 1972 eine grosse Retrospektive und überzeugte den Kanton, dass er fünf Bilder des Künstlers für das Kunstmuseum kaufen solle. «Dieser Leidenschaft war es vermutlich zu verdanken, dass Otto Morach das Kunstmuseum testamentarisch stark berücksichtigt hat», so Herlach.

Konstruktiv und vermittelnd

«Die Kunstszene in Olten wandelte sich in den 1970er-Jahren stark und erlangte eine schweiz- weite Ausstrahlung. Die junge Künstlergeneration, der unter anderen Agnes Barmettler und Martin Disler angehörten, sorgte mit ihren neuen, teils radikalen und experimentellen Projekten für Aufsehen. «Paul Meier war für ihre Ideen aufgeschlossen und hat sie gefördert, obwohl das Verhältnis mit den «jungen Rebellen» nicht immer ganz spannungsfrei gewesen ist, wie Briefe im Archiv aufzeigen», erklärt Herlach. «Ich habe Paul Meier erstmals 2003 als 79-jährigen Mann kennen gelernt und erlebte ihn als sehr zurückhaltenden Menschen mit einer grossen Leidenschaft für die Sache. Dies deckte sich mit meinen Erkenntnissen, die ich aus dem Archiv gewonnen habe. Er verstand es ausserdem, seine Begeisterung für die Kunst auch an seine Berufsschüler weiterzugeben. Paul Meier war ein Mann, der entschlossen und beharrlich, aber ohne Schnell- schüsse seine Ziele verfolgte und somit einen wichtigen Beitrag für das Kunstmuseum Olten geleistet hat», schliesst die Kuratorin.

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