«Der weisse Stock ist Hilfsmittel und Signal zugleich»

Fokus-Plus Am 15. Oktober wird weltweit mit dem «Tag des weissen Stockes» auf die Lebenssituation von blinden und sehbehinderten Personen aufmerksam gemacht. Tagtäglich setzt sich im Kanton Solothurn der Verein Fokus-plus, die Fachstelle für Sehbehinderung, mit diesem Thema auseinander und bietet Hilfestellungen für Betroffene.

Das Team von Fokus-plus, die Fachstelle für Sehbehinderung in Olten, bietet blinden oder sehbehinderten Personen aus dem Kanton Solothurn Beratungen, Kurse und psychosoziale Begleitungen an. (Bild: ZVG)
Das Team von Fokus-plus, die Fachstelle für Sehbehinderung in Olten, bietet blinden oder sehbehinderten Personen aus dem Kanton Solothurn Beratungen, Kurse und psychosoziale Begleitungen an. (Bild: ZVG)

Vor 53 Jahren, am 15. Oktober 1964, übergab der damalige US-Präsident Lyndon B. Johnson in einem symbolischen Akt weisse Langstöcke an blinde oder sehbehinderte Menschen und setzte damit den Ursprung für den nun jährlich an diesem Datum begangenen «Tag des weissen Stockes».

«Weisser Stock bedeutet nicht blind»

Noch heute dient der weisse Stock weltweit als Schutz- und Erkennungszeichen für Betroffene. Dadurch ist er jedoch auch mit Vorurteilen verknüpft. «Wenn eine Person einen weissen Stock bei sich trägt, bedeutet dies nicht automatisch, dass sie blind ist», schafft Barbara Fischer, Rehabilitationsfachfrau von Fokus-plus, die Fachstelle für Sehbehinderung im Kanton Solothurn, eines davon aus der Welt. Denn auch «nur» sehbehinderte Mitmenschen nutzen den Stock als Hilfsmittel im Alltag - und dies je nach Situation verschieden. «Im Bereich der Sehbehinderung gibt es kein schwarz-weiss, sondern viele unterschiedliche Schattierungen der Einschränkung. So benötigen gewisse betroffene Personen den Stock nur bei für sie schlechten Lichtverhältnissen oder als zusätzliche Sicherheit an ihnen unbekannten Orten», so Fischer.

Signal gegen aussen

Nebst dem praktischen Nutzen als konkrete Hilfestellung beinhalte der weisse Stock aber auch eine wichtige Signalwirkung. «Die Hilfsbereitschaft und das Verständnis von Seiten der Bevölkerung wächst durch dieses Signal und dies nützt wiederum den Betroffenen», erklärt Fischer. Daher empfehle sie ihren Klienten bei Fokus-plus, das Hilfsmittel zu gebrauchen. «Der erste Schritt, sich mit einem weissen Stock zu zeigen, kostet meist Überwindung für die Betroffenen. Die gemachten positiven Erfahrungen überzeugen und bestärken die Klienten.»

«Rehabilitation ist enorm wichtig»

Für viele Betroffene ist die Beeinträchtigung laut Fischer mit einer psychischen Belastung verbunden. «Die Klienten werden oftmals von ihrem Augenarzt zu unserer Fachstelle in Olten überwiesen. Beim Arzt haben sie die Diagnose erhalten, dass medizinisch nichts mehr gegen die Sehbehinderung zu machen sei. Dies schürt Zukunftsängste und manche haben das Gefühl, vieles nun nicht mehr machen zu können», erzählt Barbara Fischer. In den Rehabilitations-Beratungen von Fokus-plus wird den Klienten anschliessend gezeigt, wie sie trotz Beein- trächtigung ihren Alltag meistern können, und so wieder ein Stück Selbstvertrauen geschenkt. Die Rehabilitationsfachfrauen der Fachstelle für Sehbehinderung im Kanton Solothurn klären in einem Erstgespräch die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Klienten ab und beraten sowie begleiten sie dann anschliessend in ihrem alltäglich Umfeld. «Im Bereich «Orientierung und Mobilität» gehe ich mit den Klienten nach draussen und arbeite mit ihnen vor Ort, wie sie beispielsweise die Umgebung mit dem Gehör wahrnehmen und einschätzen können», erzählt Barbara Fischer.

Sehpotenzial bestmöglich ausschöpfen

Im Themenbereich «Lebenspraktische Fähigkeiten» hingegen werden eher konkrete «daily living skills» wie rasieren, kochen oder Zahlungen machen behandelt. «Zudem bieten wir Low Vision-Rehabilitation an, in welcher die Klienten dabei unterstützt werden, ihr vorhandenes Sehpotenzial bestmöglich auszuschöpfen. Dazu gehört auch ein Gebrauchstraining von geeigneten Hilfsmitteln, welche Fokus-plus in einem grossen Sortiment führt», beschreibt die Stellenleiterin Claudia Graf einen weiteren Aufgabenbereich der Fachstelle. Für viele Sehbehinderte ist mittlerweile auch das Smartphone mit seinen Sprach-Apps ein wichtiges Hilfsmittel. Allerdings wissen gerade ältere Personen oftmals nicht, wie sie mit den Geräten umgehen müssen. Dieser Unsicherheit wirkt Fokus-plus mit Reha-Kursen zum Thema Smartphone oder Tablet entgegen.

Auf Spenden angewiesen

Nebst den individuellen Beratungen sowie den themenbezogenen Kursen bietet der Verein auch Wanderungen oder kulturelle Anlässe wie ein Hörfilm-Abend oder eine gemeinsame Nacht- wächterführung in Zofingen an. «Ausserdem betreuen wir acht Kontaktgruppen im ganzen Kanton, in denen sich Betroffene regelmässig treffen und austauschen können», erzählt Graf. Alle Dienstleistungen von Fokus-plus sind kostenlos für die Klienten. Unterstützt wird der Verein vom Bundesamt für Sozialversicherungen mit Subventionen, welche zirka 50 % der Finanzierung ausmachen. Bis im letzten Jahr konnte die Fachstelle zudem auf Beiträge des Vereins Solothurnische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheits- und Invaliden-Fürsorge SAGIF, welchem mehrere Gemeinden im Kanton Solothurn angeschlossen waren, zählen. Diese entfallen jedoch nun, da sich der Verein SAGIF auf Ende 2016 aufgelöst hat. Überraschend kam die Auflösung nicht. Schliesslich haben bereits in den letzten Jahren immer mehr Gemeinden den freiwilligen Beitrag in die SAGIF-Kasse gestrichen. «Ein herber Schlag für uns. Schliesslich machte der SAGIF-Beitrag zirka 20% des jährlichen Ertrages aus», zeigt Graf auf. Dank eines Legats konnte der Verlust nun ein wenig aufgefangen werden. Dennoch ist die Fachstelle sehr auf Spenden angewiesen. Denn vom Kanton Solothurn oder gar der Stadt Olten erhält der Verein bislang keine Unterstützung. «Wir suchen jedoch diesbezüglich nach Lösungen. Schliesslich sind viele Betroffene im Kanton Solothurn auf unser Angebot angewiesen», so Graf.

Weisse Rosen für Olten und Solothurn

Um auf den «Tag des weissen Stockes», aber auch auf die Fachstelle in Olten aufmerksam zu machen, verteilt der Verein Fokus-plus am kommenden Samstag, 14. Oktober von 10 bis 12 Uhr weisse Rosen in der Oltner und Solothurner Altstadt. «Dadurch entsteht jeweils ein spannender Austausch mit den Passanten», freut sich Claudia Graf.

<link http: www.fokus-plus.ch>www.fokus-plus.ch

 

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