Auf den Spuren von Ueli Steck
Marc Kohler Der ETH-Student fand vor gut vier Jahren seine Faszination am Klettern und Eisklettern. - Seither ist seine Jagd nach Limiten unbremsbar und hat ihn schon auf einige 4000er geführt.

Seine liebste Kletterlandschaft liege genau vor seiner Haustüre, erzählt Marc Kohler schmunzelnd und verweist auf seinen «Hausberg» Belchen in Hägendorf, wo er gemeinsam mit seinem Vater lebt. Das 4’600 Seelendorf erstreckt sich in der Ebene am Jurasüdfuss und bietet mit seinen markanten Bergketten eine optimale Umgebung, um seine Kletterfähigkeiten zu verbessern. «Seit gut vier Jahren findet man mich täglich in den Hügel- und Waldgebieten rund um Hägendorf, wo ich beim «Bouldern» (ungesichertes Klettern in Absprunghöhe), Berglauftraining sowie im Krafttraining versuche, meine Kondition, Kraft und Kletterfähigkeiten zu verbessern. Das Berglauftraining betreibe ich teilweise zwei bis drei Stunden und sehr intensiv, da es mich reizt, immer wieder meine Grenzen auszuloten», erzählt der 22-jährige Sportbegeisterte.
Sportbegeisterung erst spät entdeckt
Angefangen habe alles in seinem dritten Kantijahr. «Nachdem ich mir während eines Unfalls das Kreuzband gerissen hatte und für die optimale Genesung von meinem Physiotherapeuten dazu angespornt wurde, Krafttraining zu betreiben, kam ich irgendwie auf den Geschmack», erinnert sich der Student zurück. Zuvor hätten ihn sportliche Themen oder spezifische, körperliche Trainings nie sonderlich interessiert oder begeistert. Vielmehr fand er seine erste Leidenschaft in der Musik. «Mein Vater Beat Kohler ist leidenschaftlicher Trompetenlehrer und leitet nebst seinen beruflichen Tätigkeiten auch seit geraumer Zeit die Jugendmusik Olten und dirigierte lange Zeit in der Stadtmusik Olten. So fand auch ich schnell Gefallen an der Musik und helfe noch heute ab und zu in der Jugend- sowie Stadtmusik als Schlagzeuger mit», erzählt Kohler. Zeitweise spiele er auch gerne in der Musikgesellschaft Konkordia Egerkingen mit, die ihn musikalisch immer wieder fordere. «Auch meine RS durfte ich in der Militärmusik absolvieren und konnte so durch die ganze Schweiz reisen. Mittlerweile würde ich mich eher für eineRekrutenschule als Gebirgsspezialistbegeistern lassen», sinniert derETH-Student und zeigt so den Wandel seiner Interessen auf.
Faszination Berge
Denn momentan verbringt Marc Kohler einen grossen Teil seiner Freizeit nicht mehr an den Drums, sondern im Gebirge. «Vor vier Jahren besuchte ich gemeinsam mit meinem Kollegen Yannick einen Kletterkurs im Kraftreaktor dem Indoor-Klettereldorado in Lenzburg und da war es um mich geschehen», blickt Kohler schmunzelnd zurück. Nach Indoor-Klettern folgte Outdoor-Klettern und bald schon die Besteigung des ersten 4000er. «Das Breithorn in Zermatt war vor vier Jahren der erste 4000er, den ich gemeinsam mit Yannick bestieg», erinnert sich Kohler und fügt an: «Seitdem sind unzählige dazugekommen, wie der Mönch oder das Nadelhorn.» Ein gewisses Risiko müsse man dabei natürlich immer in Kauf nehmen, vor allem bei ungesicherten Gängen. «Jedoch macht Erfahrung, Training und die optimale Ausrüstung den Meister. Mein grosses Vorbild ist der bekannte Profibergsteiger Ueli Steck», erklärt Kohler lächelnd. Nebst dem Bergsteigen hat Kohler auch schon an diversen Bergläufen, wie am Ultramarathon Raid(e) de Moutier oder Matterhornlauf, teilgenommen. «Allerdings betreibe ich solche Läufe aus purem Spass und um meine Kondition für die Bergtouren zu trainieren. Genau wie Ueli Steck möchte ich die Berge hochrennen und so Distanzen innert kürzester Zeit hinter mich bringen können», zeigt der Kletterer auf.
Mit dem Eispickel unterwegs
Beim «normalen» Klettern oder den Bergläufen blieb es jedoch nicht. Nach einem Einführungskurs fand Kohler zudem Gefallen am Eisklettern. «Erstens liebe ich kalte Temperaturen und kann unter ihnen eine optimale Leistung bringen. Zweitens sind die Aufstiege, bei denen Eisklettern erforderlich ist, anspruchsvoller», erzählt der Hägendorfer. Nicht nur anspruchsvoller, sondern auch risikoreicher. Eisklettern gilt als gefährlichste, alpine Sportart. «Beim Eisklettern muss man voll bei der Sache sein und jeden Tritt überlegen. Die Sicherheit wird mit der Zeit immer grösser und Fortschritte sind schnell bemerkbar», zeigt Kohler auf. Natürlich brauche es dazu auch eine professionelle Ausrüstung, die aus Eispickel, Steigeisen, Eisschrauben sowie den üblichen Kletterutensilien wie Karabiner und Seilen besteht. «Eisklettern ist kein billiges Hobby und deshalb arbeite ich neben meinem Studium teilweise als Assistent an der ETH», erzählt er.
Ziel: Eigene Brücke
Neben seinem Hobby studiert Marc Kohler im fünften Semester Bauingenieur an der ETH in Zürich. «Schon während meiner Kantizeit lernte ich Fächer wie Mathematik und Physik extrem einfach. Als Maturarbeit entwarf ich zudem eine ungefähr sechs Meter lange Bambusbrücke, die bis zu dreissig Personen standhielt», zeigt Kohler seine frühe Faszination im Bereich «Bauengineering» auf. Sein Studium gefalle ihm ausserordentlich und bis jetzt habe er mit guten Leistungen brillieren können, was ihm auch seine Stelle als Assistent einbrachte. «Ich kann mir gut vorstellen, später im Bauingenieurwesen tätig zu sein. Mein grösster Traum wäre es, eine eigene Brücke zu entwerfen», erzählt Kohler mit strahlenden Augen. Nebst seinen beruflichen Zielen wird er in Zukunft sicher auch weitere 4000er auf seine Liste setzten können. «Yannick und ich möchten bald die Eigernordwand bezwingen», schliesst Kohler voller Tatendrang.