Das Ende einer grossen Liebe
Eurovision Song Contest Die Wangenerin Cilla Marx bewirbt sich mit ihrem Song «If I were god» für - die Vorausscheidung des - Eurovision Song Contest. - Ab 4. November kann für die 39-Jährige gevotet - werden.

Montagnachmittag im abgedunkelten Theaterstudio Olten: Cilla Marx sitzt an einem kleinen Tisch und hält zwischen den Händen eine brennende Kerze. Leise und gefühlvoll stimmt sie ihren Song «If I were god» an. Anfangs zurückhaltend singt sie mit immer mehr Kraft, betont durch die stets heller werdenden Scheinwerfer, und steigert sich mit geschlossenen Augen zum musikalischen Höhepunkt. Der letzte Ton verstummt und das Licht erlischt. «Hat es funktioniert mit dem Licht?», fragt der Musiker und Musikproduzent Roman Wyss den Kameramann Alex Jäggi. «Du könntest die Arme etwas mehr bewegen», rät Roman Wyss’ FrauAnnetta. Das gut eingespielte Team um Cilla Marx ist gerade dabei, das Video zum Song einzuspielen. «Das Video ist Grundvoraussetzung für die Teilnahme an der Vorausscheidung des Eurovision Song Contest», erklärt die Sängerin, welche letzten Dezember ihre erste CD veröffentlicht hat.
Abschied von der grossen Liebe
«Im letzten Frühling starb mein Grossvater im Alter von 92 Jahren», beginnt Cilla Marx zu erzählen. «Ich reiste mit meinem Mann nach Schweden, um an der Beerdigung teilzunehmen und meiner Grossmutter beizustehen. Meine Grosseltern verband eine grosse Liebe, wie ich sie noch nie bei jemand anderem gesehen habe.» Cilla Marx fand eine Frau vor, die aufgrund ihres Verlustes nicht mehr leben wollte und ihre Enkelin fragte, ob sie ebenfalls gehen dürfe. «Ich überlegte mir, wenn ich Gott wäre, dann würde ich meine Grossmutter gehen lassen», erinnert sich Cilla Marx. Während der Heimreise ermutigte Stephan Marx seine Frau, darüber einen Song zu schreiben. «Selbstverständlich war ich traurig, dass mein Grossvater gestorben war, aber im Alter von 92 Jahren gehört dies zum Lauf der Zeit. Die wirkliche Tragödie war, dass eine grosse Liebe durch den Tod getrennt wurde.» Im Juli schrieb die 39-Jährige «If I were god».
Zur Teilnahme ermutigt
Im August erreichte Cilla Marx eine E-Mail in Südfrankreich. Ein Musikredaktor vom Schweizer Fernsehen hatte ihre Songs der CD «Cilla Marx» gehört und ermutigte sie, sich für den Eurovision Song Contest zu bewerben. Nicht auf Anhieb konnte Cilla Marx das Kompliment annehmen und fragt beim Musikjournalisten nach, wieso er das Gefühl habe, dass sie für den Contest geeignet sei. «Ich bin keine Profi-Musikerin - meine Musik lebt von meiner Authentizität», erzählte Marx im Frühling dieses Jahres bescheiden. «Nach reiflicher Überlegung und Absprache mit meinem Mann habe ich mich entschieden, an der Vorausscheidung des Contests teilzunehmen», erinnert sich Marx. Für die Teilnahme ist jedoch nur ein Song erlaubt, welcher bisher unveröffentlicht war. «So drängte sich der Song über meine Grosseltern auf.» In gewohnter Weise arbeitete Cilla Marx gemeinsam mit Roman Wyss am Song: «Da ich keine Noten lesen kann, spielte ich «If I were god» auf dem Keyboard vor. Roman Wyss schrieb die Noten auf und arrangierte den Song. Dabei spielte Wyss’ Sohn Andreas den Bass ein. Doch auch die Richtlinien des Eurovision Song Contest mussten beachtet werden, denn es sind nur Songs zugelassen, die sich in einer Zeitspanne von 2.50 und 3 Minuten bewegen. «Roman und Annetta Wyss und Alex Jäggi haben in den letzten Wochen ein Drehbuch auf die Beine gestellt und nach geeigneten Bildern für das Video gesucht. Daneben musste schnellst möglichst ein Termin für die Videoaufnahme gefunden werden», so Marx dankbar.
Auf den Boden der Tatsachen
«Ein Video aufzunehmen bedeutete für mich Neuland», gesteht Cilla Marx und fügt an: «Der Hausbau wäre wahrscheinlich ein passender Vergleich. In der Regel hat man grossartige Vorstellungen, wie etwas sein könnte. Schnell wird man jedoch durch zu wenig Geld und Zeit auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt», erzählt sie schmunzelnd. Gemeinsam mit Roman Wyss hat die Sängerin nun aber eine gute Variante ausgearbeitet. «Wir versuchen im Video, die Dualitäten aufzuzeigen. Deshalb erscheinen hinter meinem singenden Gesicht zum Beispiel Bilder von zwei Gleisen und einem älteren Ehepaar. Ziel ist es, ein berührendes Video zu schaffen,welches jedoch nicht allzu traurig ist und die Botschaft transportiert: Ja, es ist in Ordnung, du darfst gehen.»
Stimmen Sie ab: Voting-Start am4. November
Am 28. Oktober muss das Video spätestens aufgeschaltet werden. Zwischen dem 4. und 18. November kann jedermann für Cilla Marx viaHomepage www.eurovisionplattform.sf.tv/ voten. Das Voting zählt50 Prozent, die anderen 50 Prozent werden durch eine Jury bestimmt. Was geschieht, wenn es Cilla Marx in die nächste Runde schafft? «Ich werde am 30. November nach Zürich eingeladen, wo meine TV-Tauglichkeit und meine Art live zu singen, getestet wird. Wenn ich diese Proben ebenfalls bestehe, darf ich an der Live-Show in Kreuzlingen, welche vom Schweizer Fernsehen ausgestrahlt wird, teilnehmen. An diesem Abend wird entschieden, wer für die Schweiz nach Kopenhagen reist», erklärt Marx. Und mit welchen Erwartungen nimmt die39-Jährige an den Vorausscheidungen teil? «Ich versuche eine möglichst geringe Erwartungshaltung zu haben, um nicht enttäuscht zu werden. Dies ist jedoch schwierig, da mir der Song sehr viel bedeutet. Ich freue mich auf jeden Fall riesig, wenn ich diese Hürde ebenfalls schaffe und wäre bestimmt nervös, wenn ich an der Live-Ausscheidung in Kreuzlingen teilnehmen könnte», strahlt Marx. Und wann kann der Song «If I were god» gekauft werden? «Geplant ist noch nichts Konkretes, je nach dem wie die Vorausscheidung verlaufen wird, werden wir vielleicht anfangs nächstes Jahr eine Single produzieren.»