Der Jakobsweg im Kleinen

Im Gespräch Beinahe 20 Jahre übte er in der Altersresidenz Bornblick eine Führungsfunktion aus. Ende Monat nun wird Kurt Strähler frühpensioniert. Für den bevorstehenden Lebensabschnitt hat er schon viele Pläne.

Ende Februar wird Kurt Strähler, Geschäftsführer des «Bornblicks», seinen Arbeitsplatz verlassen, ab 1. März will er die lange berufliche Zeit in Olten mit einer mehrtägigen Wanderung nach Hause in Thun auch gedanklich abschliessen. (Bild: Achim Günter)

Kurt Strähler dürfte unter allen Oltner Arbeitnehmern zu denjenigen mit dem längsten Arbeitsweg gehören. Der Geschäftsführer der Senevita Residenz Bornblick wohnt in Thun. Seit nunmehr beinahe 20 Jahren – im Herbst 2004 trat er seinen Dienst im «Bornblick» an – pendelt er täglich vom Thunersee an den Jurasüdfuss. «Ausschliesslich mit dem Zug. Das hat Vor- und Nachteile. Die täglich drei Stunden Arbeitsweg lassen sich nicht wegdiskutieren. Aber es sind jeweils drei Stunden, in denen viel Zeit zum Überlegen oder fürs Nichtstun bleibt. Das schafft Abstand», sagt er.

Mit einem Lächeln schiebt er hinterher: «Das spricht für den Arbeitsplatz. Und für den Arbeitgeber. Sonst nimmt man das nicht 20 Jahre auf sich.» Seit knapp drei Jahren leitet er den «Bornblick», eingetreten war er damals als Leiter Gastronomie. Ursprünglich hatte Strähler eine Kochlehre absolviert. Nach der Hotelfachschule und verschiedenen Stationen in der Hotellerie wirkte er als Leiter Gastronomie im Bürgerspital Solothurn, ehe er gemeinsam mit seinem damaligen Vorgesetzten in die Dreitannenstadt wechselte. Schon nach wenigen Monaten übernahm er neben der Gastronomie auch die Administration. Später hat sich Strähler als stellvertretender Geschäftsführer auf seine jetzige Aufgabe vorbereitet. «Ich habe das Haus also bereits in- und auswendig gekannt. Das hat mir die Aufgabe für diese Position sehr stark vereinfacht.» Zudem habe er sich auch vom Hauptsitz stets gut unterstützt gefühlt.

Nie habe es in den knapp 20 Jahren einen triftigen Grund gegeben, um sich nach einem näher bei Thun gelegenen Arbeitsplatz umzuschauen. «Hier hat es für mich gestimmt.» Nun aber ist bald Schluss. Ende Februar endet sein Engagement in Olten – und auch gleich seine Berufskarriere. Mit gut 63 Jahren lässt sich Strähler frühpensionieren. Der Entschluss steht schon lange fest. Noch vor dem Amtsantritt als Geschäftsführer 2021 habe er das so entschieden. Strählers Frau ist bereits pensioniert. Die beiden hegen unter anderem grosse Reisepläne. Im Frühling verreisen sie für sechs Monate nach Indonesien und lernen Land und Leute kennen.

«Herunterkommen, zur Ruhe finden»

Bereits seit Monatsanfang arbeitet Strähler seinen Nachfolger im «Bornblick» intensiv ein. René Rohr verfügt über einen ähnlichen Werdegang wie Strähler und hat zuletzt bereits eine andere Seniorenresidenz geführt. Ab Anfang März übernimmt Rohr die alleinige Verantwortung für die Leitung des «Bornblicks».

Strähler wird seinen Dienstschluss in Olten und den Beginn des neuen Lebensabschnittes mit einer ganz besonderen Aktion markieren. «Ich werde am 1. März hier losmarschieren. Zu Fuss in Richtung Thun. Wie lange ich brauchen werde, weiss ich nicht. Aber das spielt auch keine Rolle.» Seine berufliche Position sei «herausfordernd». Mit seinem persönlichen Miniatur-Jakobsweg wolle er deshalb ganz bewusst «herunterkommen, zur Ruhe finden».

Zukunftspläne gibts genug

Mit dem näher rückenden Monatsende manifestiert sich dieser Tage auch zunehmend, dass mit dem beruflichen Ende in Olten auch Emotionen verbunden sind. «Wir haben viele Gäste und Mitarbeiter, die mir ans Herz gewachsen sind. Sie zurückzulassen, wird für mich nicht so einfach sein.» Schmunzelnd erwähnt er, dass er «gewissen administrativen Aufgaben» keine Träne nachweinen wird, dem Kontakt mit den liebgewonnenen Menschen aber sehr wohl.

Sehr viel Zeit, um der prägenden Phase in Olten nachzutrauern, wird er indes nicht haben. Zu viele Projekte und Leidenschaften warten. Die Indonesien-Reise startet bereits Mitte April. Nach der Rückkehr möchte Strähler ein kleines soziales Engagement übernehmen. Als Hobbys pflegt er Bergwandern, Skifahren, Lesen. Auch möchte er bald mal die italienische Sprache erlernen. «Aber das hat keine Priorität», sagt er und lacht.

Hingegen freut er sich schon sehr darauf, seinem wichtigsten Hobby wieder mehr Zeit widmen zu können. Kurt Strähler ist Mitglied im MG Car Club Switzerland. Da gelte es beispielsweise, Reisen zu organisieren. Hin und wieder nimmt er auch selbst einen Schraubenzieher zur Hand und bastelt ein wenig an seinem Gefährt mit Jahrgang 1957 herum, das er seit seinem 20. Lebensjahr fährt. Er freut sich auch darauf, künftig mehr an internationalen Treffen der Liebhaber der alten britischen Automarke teilzunehmen. «Wenn ich mit meinem MG nach Süditalien oder nach Schottland fahre, nimmt das drei Wochen in Anspruch. Mit meiner beruflichen Position war eine so lange Absenz schwierig zu vereinbaren.» Künftig wird und soll das anders sein.

 

...und ausserdem

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Den Gründer der Marke MG, Cecil Kimber. Ihn hätte ich gerne kennengelernt. Er starb 1945 bei einem Zugsunglück. Wie schaffte er, dass MG eine erfolgreiche Marke wurde? Wie betrieb er Marketing? Wie motivierte er seine Mitarbeiter?

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Beim Lesen. Eindeutig. Ich lese viel Automobilliteratur. Aber ich interessiere mich momentan auch sehr für das Thema KI.

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