Fabian Heuberger will mit künstlicher Intelligenz die Medizin revolutionieren

Im Gespräch Der Oltner IT-Spezialist Fabian Heuberger sieht bei der Etablierung künstlicher Intelligenz in der Medizin grosses Potenzial. Sein Unternehmen hat ein System mitentwickelt, das Lungenkrebs im Frühstadium erkennen soll.

Fabian Heuberges Vorbild, Albert Einstein, ist auch im Geschäft stets präsent. (Bild: Caspar Reimer)

Auf die Frage in seinem Büro an der Leberngasse, wie er seinen Arbeitsalltag beschreiben würde, beginnt Fabian Heuberger verschmitzt zu lächeln und sagt: «Wild!» Der gebürtige Oltner ist Verwaltungsratspräsident und technischer Leiter der Medical Desktop AG, die er selbst mitbegründet und aufgebaut hat – KI-Lösungen im medizinischen Bereich sind das Kerngeschäft. «Ärzte leiden unter administrativem Aufwand. Wir können sie durch die Integration von KI – etwa mit automatischer Berichterstattung oder Sprachübersetzung – stark unterstützen.» Heuberger gehört zu jener Sorte Unternehmer, die Ideen entwickelt, aber sich nicht zu schade ist, selbst anzupacken. Im Jahr 2003 war es, als in der ganzen Schweiz ein neues Tarifsystem für Ärztinnen und Ärzte angekündigt wurde. «Mein Vater ist Augenarzt. Die Software, die er bis dahin zur Abrechnung verwendet hatte, wurde nicht mehr weiterentwickelt.» Eine schöne Fügung wollte es, dass Sohn Heuberger gerade zu diesem Zeitpunkt seine Lehre als Softwareentwickler abgeschlossen hatte. «Mein Vater und ich sassen zusammen. So entstand die Idee, eine Software zur Abrechnung zu entwickeln. Die Firma wurde geboren», erinnert er sich.

Über die erste Software liessen sich Patientenverwaltung, elektronische Krankengeschichte, Terminplanung, Korrespondenz oder die Abrechnung abwickeln. Die rasante Entwicklung im IT-Bereich verlangte es, 2020 einen – wie Heuberger es nennt – Restart zu machen. Seither hat das Unternehmen etwa eine Cloud-Lösung für den medizinischen Bereich mit dem wohlklingenden Namen «Nereida» entwickelt und eine Zusammenarbeit mit einem der weltweit grössten Anbieter im Bereich Gesundheitstechnologie aufgegleist. Besonders stolz ist Heuberger auf eine KI-Plattform, welche Lungenkrebs im Frühstadium diagnostizieren soll: «Der Hausarzt kann ein pseudonymisiertes Röntgenbild eines Patienten in das System hochladen, welches dann durch einen Algorithmus läuft. Dadurch lässt sich mit 95 Prozent Treffsicherheit sagen, ob der Patient Lungenkrebs im Frühstadium aufweist. Ein Diagnoseinstrument eigentlich.»

Aktuell ist das System auf Lungenkrebs spezialisiert, doch Heuberger kann sich gut vorstellen, dieses noch für andere Bereiche, andere Krankheiten weiterzuentwickeln. Zur Entwicklung des Algorithmus, welchen Heubergers Unternehmen in Zusammenarbeit mit einem Partner in die KI-Plattform integriert hat, analysierten fünf weltweite Spezialisten Zehntausende Röntgenbilder, markierten jene Auffälligkeiten, die sich als Lungenkrebs im Frühstadium herausstellten, und umgekehrt solche, bei denen das nicht der Fall war. Mit all diesen Daten ist die KI gefüttert und trainiert worden. Auf die Frage, wo die von seiner Firma entwickelte Plattform schon zum Einsatz komme, sagt er: «Namen darf ich noch nicht nennen. Es sind jedenfalls grössere Kliniken und Spitäler in der Schweiz. Die KI soll aber weltweit eingesetzt werden.»

Schweineaugen im Kühlschrank

Heuberger absolvierte im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte die Höhere Fachschule in Grenchen und eine Fachhochschule im Bereich IT-Sicherheit. «Die Schnittstelle zur Medizin rührt von meinem Vater her», erzählt er. «Von klein auf wurde ich darauf konditioniert.» Dazu erzählt er von einem Erlebnis aus seiner Kindheit, als er acht Jahre alt war: «Ich öffnete zuhause den Gefrierschrank. Da lag etwas drin, in Zeitungspapier eingepackt. Ich wollte wissen, was es ist, öffnete die Packung – da blickten mich 20 Schweineaugen an, die mein Vater offenbar da aufbewahrt hatte, um an ihnen sein Handwerk zu trainieren.» Sein Interesse an Computern packte Heuberger, als er 16 Jahre alt war: «Computer sind schnell, es lassen sich unglaublich viele Automatisierungen durchführen. Das hat mich immer fasziniert.» Der junge Mann witterte viele Möglichkeiten, wollte Ideen umsetzten. Nun, um einige Erfahrungen reicher, sagt er: «Leider ist der Markt teilweise etwas konservativ.» So wollte Heuberger eine Software anbieten, die misst, wie lange ein Patient in der Praxis verweilt, wie lange die Wartezeiten sind. «Das stiess leider nicht auf sehr gute Resonanz. Manche befürchteten einen Mehraufwand oder dass die Mitarbeiter sich überwacht fühlten.»

Wo die Zukunft von KI in der Medizin liege? «In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird es möglich sein, für die medizinische Grundkontrolle komplett automatisierte Dienstleistungen anzubieten.» Gerade der Lebensstil der neuen Generation könnte darauf anspringen, denkt Heuberger: «Es ist etwa nicht mehr nötig, einen Termin zu vereinbaren.» Entdeckt die automatische Infrastruktur etwa einen hohen Augendruck, könne die KI dies weiterleiten und einen entsprechenden Termin bei einem Spezialisten organisieren. Weiterhin brauche es erfahrene Fachspezialisten, welche Details erkennen – diese seien weltweit rar. «Wenn man aber dieses Wissen in einer KI konsolidieren, einen Algorithmus zur Verfügung stellen kann, ist damit viel gemacht. Dies funktioniert auch an Orten, wo die medizinische Versorgung mangelhaft ist.»

Psychologie als Hilfeleistung

Der 41-jährige Oltner hat sich voll und ganz seiner Arbeit, die einer Passion gleicht, verschrieben. Seit 20 Jahren teilt er sein Leben mit einer Partnerin, die gut zu ihm zu passen scheint, denn: «Wir sind beide beruflich sehr engagiert, weshalb Kinder kein Thema sind.» Zum Ausgleich geht Fabian Heuberger Joggen, übt sich in einer kleinen Gruppe in Selbstverteidigung. «Ganz privat beschäftige ich mich noch mit Psychologie, lese Bücher zu diesem Thema. Das hilft mir auch im beruflichen Alltag, etwa wenn es darum geht, Streitigkeiten beizulegen», sagt er lächelnd.

 

...und ausserdem

Diese Person möchte ich gerne mal treffen

Albert Einstein. Er ist ein Vorreiter der Wissenschaft. In unserem Geschäft hängen ein paar Bilder von ihm.

So entspanne ich mich am besten

Bei einem Bier am Feierabend mit meinen Arbeitskollegen.

Dieses Verhalten ärgert mich

Aktionismus. Planloses Verhalten, das nicht vor die Nasenspitze denkt.

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