Feuer und Flamme für den Zirkus

Sabrina Lüscher Als Zirkuskind in ganz Europa aufgewachsen, entdeckte Sabrina Lüscher vor gut sechs Jahren ihre Faszination am Radsport. Nach ihrem schweren Sturz im letzten Juni findet die 18-Jähr- ige nun wieder zu ihren Wurzeln zurück.

Sabrina Lüscher zwischen zwei Welten: Einerseits der Artistik (hier beim Üben der Tellershow), andererseits ihrer Vergangenheit im Bahnradsport. ZVG)
Sabrina Lüscher zwischen zwei Welten: Einerseits der Artistik (hier beim Üben der Tellershow), andererseits ihrer Vergangenheit im Bahnradsport. ZVG)

In München auf Tour mit dem Zirkus Krone geboren, reiste Sabrina Lüscher bis zu ihrem achten Lebensjahr mit diversen Zirkussen durch ganz Europa mit. «Meine Eltern lernten sich im Zirkus Monti, sie als Clownin und er als Artist, kennen und lieben. Sie stellten gemeinsam eine Artistiknummer mit unseren Appenzellerhunden und Bernardinern, also eine typische Schweizernummer, auf die Beine. Diese präsentierten sie in verschiedenen Zirkussen», schwelgt die Hägendorferin in Erinnerungen und fügt an: «Dadurch verbrachte ich den grössten Teil meiner Kindheit auf Tournee in diversen Ländern, wie Deutschland, Frankreich, Dänemark, Holland und Österreich.»

Privatlehrer mit dabei

Anfangs sei das ständige Reisen kein Problem gewesen, doch nachdem Sabrina Lüscher älter wurde und das Kindergartenalter erreichte, sei die Sache komplizierter geworden. «Zeitweise konnte ich vor Ort einen Kindergarten besuchen wie in Österreich. Ausserdem ist meine Mutter gelernte Kindergärtnerin und bot mir Privatunterricht», erklärt das Zirkuskind. Doch als die Tochter das Schulalter erreichte, beschlossen ihre Eltern zumindest halbjahresweise sesshaft zu werden. «Ab meinem sechsten Lebensjahr wohnten wir deshalb im solothurnischen Fulenbach und gingen mit verschiedenen Winterzirkussen in beispielsweise Frankreich auf Tournee», erzählt Sabrina Lüscher. Während den Wintermonaten habe sie deshalb jeweils die Schule für ein halbes Jahr verlassen und ein Privatlehrer sei eigens für sie mitgereist. «Zeitweise war ich das einzige Zirkuskind auf Tournee oder die anderen Kinder sprachen nicht dieselbe Sprache, weshalb wir nicht einheitlich unterrichtet wurden», erklärt sie. Nebst dem vielen Reisen, habe die begeisterte Sportlerin auch sonst das eigentliche Zirkusleben geliebt. «Ich verbrachte viel Zeit bei den Tieren und durfte teilweise helfen die Pferde und Elefanten für die Show vorzubereiten.»

Faszination Bahnradsport

Als Sabrina Lüscher acht Jahre alt war, trennten sich ihre Eltern. «Gemeinsam mit meiner Mutter zog ich nach Egerkingen und wir wurden sesshaft. Ich verbrachte dort meine gesamte Schulzeit, bis wir vor gut drei Jahren in Hägendorf ein Haus kauften», zeigt Lüscher auf. Das neue Leben war jedoch nicht weniger rasant. «Vor gut sechs Jahren entdeckte ich bei meiner Nonna im Keller das alte Rennvelo meines Onkels, welches er in seiner Jugend erfolgreich gefahren war. Schon der blosse Anblick faszinierte mich», erklärt die Bahnfahrerin. So entschloss sie sich kurzerhand ein paar Runden zu drehen. «Obwohl das Rad auf der Hälfte der Strecke kaputt ging und ich nach Hause laufen musste, hatte mich in diesem Moment das Radsportfieber gepackt», erinnert sich Lüscher schmunzelnd. So trat sie dem VC Boningen-Born bei und schon kurze Zeit später absolvierte Lüscher das erste Strassenrennen. «Doch bald merkte ich, dass meine Stärke im Sprint lag und stellte mein Training entsprechend um», erklärt die 18-Jährige und fügt an: «So kam es, dass ich mich vor zwei Jahren auf Bahnradfahren spezialisierte und auf Anfrage von Trainer Matthias Minder dem zürcherischen Team «ProTer Focus Track Team» beitrat.» Als meist einzige Frau während den Trainingseinheiten und wöchentlichen Trainingsrennen, sei das Durchsetzen nicht immer einfach gewesen. Auch das Training von mindestens zehn Stunden pro Woche und die diversen Rennen im Ausland seien zeitraubend gewesen. «Ich befinde mich im dritten Lehrjahr als Mediamatikerin. Zeitweise war es schwierig zeitlich alles unter einen Hut zu bringen.»

Auf schweren Sturz folgt der Wandel

Doch laut der Bahnfahrerin sei die letzte Saison bis Juni nach Wünschen verlaufen und sie habe sich seelisch auf ihre erste WM-Teilnahme vorbereitet. Doch dann der Sturz. «Bei der SRV-Meisterschaft im letzten Juni war ich leider spät dran und musste somit unaufgewärmt starten. Nach der Überquerung der Ziellinie verlor ich mein Bewusstsein und stürzte ungebremst», erinnert sich Lüscher bruchstückhaft an den verhängnisvollen Tag. Dabei brach sich die Lehrtochter das Schlüsselbein sowie diverse Rippen und durfte bis vor drei Wochen kein Rad mehr besteigen. «Durch mein Sportverbot hatte ich viel neugewonnene Zeit und fand wieder zu meinen Wurzeln zurück», erklärt Lüscher die gute Seite des Wandels. Sie habe ihrem Vater, der nebst seinem Job als Lkw-Fahrer als Schausteller tätig ist und Geräte wie Hüpfburgen oder Kletterwände unter dem Namen «Dalottis» anbietet, viel an Chilbis ausgeholfen und wurde wieder von der Fahrenden-Sehnsucht gepackt. «Momentan bin ich mitten in der Entwicklung meiner ersten Feuer- und Tellershow und habe fest vor, mit dieser aufzutreten», erzählt das ehemalige Zirkuskind strahlend. Somit muss man sich um Sabrina Lüscher keine Sorgen machen. Auch wenn sie nicht mehr zum Bahnradsport zurückkehrt, findet sie eventuell wieder ihren eigenen, spannenden Lebensweg in der Artistenwelt.

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