«Ich begleite durch Höhen und Tiefen»
Katharina Fuhrer Tschernitschegg begleitet in ihrer Tätigkeit als reformierte Pfarrerin in Olten Menschen durch verschiedenste Lebenssituationen und teilt dabei auch gerne ihre eigenen Erfahrungen.

Noch heute kann die Bernerin ihre Herkunft aufgrund ihres Dialektes nicht verstecken. «Ich bin in Bümpliz geboren und besitze noch immer, obwohl ich seit über 40 Jahren nicht mehr dort wohne, auf eine spezielle Art mit Bern verbunden», erinnert sich Fuhrer zurück. Eigentlich sei Ärztin ihr Berufswunsch gewesen, zu ihrer heutigen Tätigkeit als Pfarrerin ist sie erst über Umwege gekommen.
Enorme Verantwortung
«In meiner Familie war es nicht üblich, dass jahrelang studiert wird und kein schneller Einstieg ins Berufsleben stattfindet. Daher entschied ich mich für den Eintritt ins Lehrerseminar», erklärt die ausgebildete Primarlehrerin. Bereits mit 20 Jahren stand sie somit vor einer 30-köpfigen Klasse, deren Mitglieder nur knapp zehn Jahre jünger als sie selbst waren. «Plötzlich erhält man eine enorme Verantwortung und muss sich behaupten können.» Fünf Jahre lang unterrichtete sie in Reitnau (AG), bis sie den Drang nach einem anderen Weg verspürte.
Suche nach der befreienden Theologie
«Schon seit Teenagertagen beschäftigten mich theologische Fragen. Ich bin in einem religiösen Haushalt aufgewachsen und empfand den mir vermittelten Glauben als sehr beengend», so die heutige Pfarrerin. Jedoch keimte in ihr der Gedanke, dass es doch noch eine andere, befreiende Art von Religionsausübung geben müsste. «Dieser Frage wollte ich als freie Studentin in der mennonitischen Universität in Elkhart, Indiana (USA) auf den Grund gehen.» Die besuchten Seminare beantworteten ihre Anliegen nicht vollständig, bildeten sie jedoch in praktischen Elementen der Seelsorge enorm weiter. «Per Zufall hörte ich anschliessend von einem einmonatigen Seminar zum Thema «Theologie der Befreiung» beikatholischen Ordensfrauen in Bogota (Kolumbien), welches mir den Blick auf meine persönliche Art der Theologie öffnete.» Nach weiteren Aufenthalten in Irland sowie Nicaragua, wo sie auch ihren späteren Ehemann kennenlernte, wurde sie sich über ihren zukünftigen Berufs- und Lebensweg immer klarer. «Ich erlebte in den diversen Ländern die politischen Konflikte, schwierigen Situationen der Menschen und ihren Umgang mit Religion und wollte mehr über Theologie erfahren, die Menschen auch befreien kann», begründet sie ihre Entscheidung zu einem Theologiestudium an der Uni Bern. Katharina Fuhrer liess sich somit zur reformierten Pfarrerin ausbilden und wurde im Berner Münster ordiniert.
Auszeit nötig
So trat sie anschliessend ihre erste Pfarrerstelle in Birmenstorf (AG) an. «Mein Mann war Architekt und gehörte zur österreichischen Aufbruchsgeneration der 60er-Jahre, die sich auf der ganzen Welt verstreute.» Schon vor ihrem Kennenlernen war er in Zürich tätig, zog jedoch anschliessend mit Katharina Fuhrer nach Birmenstorf. Jedoch blieb die 60-Jährige nicht nur im Pfarramt. «Von 1999 bis 2011 verband ich meinen Lehrer- mit dem theologischen Beruf und bildete Katechetinnen im Aargau aus.» Gleichzeitig absolvierte sie eine Ausbildung zur Supervisorin. Nach dem Tod ihres Ehemannes 2008 nahm sich Fuhrer 2011 eine Auszeit. «Ich spürte, dass ich Zeit für mich und meine Trauer brauchte und dieser auch den verdienten Raum geben wollte.»
Vom Aargau in die Eisenbahnerstadt
Die Fühler nach neuen Wegen habe sie jedoch stetig ausgestreckt, so hörte sie auch von Olten. «Anfangs war ich mir über diesen Schritt nicht sicher, aber nach einigen Gesprächen entschied ich mich doch für eine Bewerbung.» Nun ist Fuhrer seit Oktober 2012 in der Pauluskirche als Pfarrerin tätig und betreut dabei nebst den Gottesdiensten unter anderem die Seniorenveranstaltungen und Traueranlässe sowie ökumenische Veranstaltungen. «Pfarrer Uwe Kaiser und ich haben uns die Ämter nach unseren persönlichen Stärken aufgeteilt, unterstützen uns jedoch gegenseitig.» Eine grosse Hilfe stelle für sie auch das enorme Engagement von freiwilligen Helfern des Vereins «Aktiv 66+» und den sonstigen Gemeindemitgliedern dar. «Wir können nun auch anbieten, schwerkranke und sterbende Menschen auf ihrem letzten Lebensweg zu begleiten. Dazu wurde die Freiwilligen-Gruppe «Palliative Care Begleitung» ins Leben gerufen. Zudem habe ich die Hoffnung - in Zusammenarbeit mit anderen Stellen -, einen Trauertreff ins Leben rufen zu können, in der sich Menschen in schwierigen Lebensabschnitten austauschen können», erzählt Fuhrer von ihren Plänen. Aber nicht nur auf schwierigen Wegen will sie ihre Gemeinde begleiten, sondern auch neue will sie aufzeigen. «Im September biete ich eine Reise nach Nord-Griechenland für Interessierte an, in welcher wir den Spuren des Apostels Paulus folgen und die orthodoxe Spiritualität kennenlernen werden. Ich liebe dieses geschichtsträchtige Land und möchte dies mit den Reisebegleitern teilen. Es sind übrigens immer noch Plätze frei», so Katharina Fuhrer und schliesst: «Glaube soll nicht nur gepredigt, sondern gelebt werden.»