«Manchmal braucht es zwei Anläufe»

Christine Gfeller übernahm das Restaurant Wartburg vor gut fünf Jahren und steckt seither ihre ganze Zeit und ihr Herzblut in das kleine Lokal. Privatleben und Arbeit sind dabei, nicht nur wegen ihrer Geschäfts- sowie Lebenspartnerin - Esther Felber, untrennbar miteinander verstrickt.

Christine Gfeller auf der sonnigen Terrasse ihres Restaurant Wartburg. vwe)
Christine Gfeller auf der sonnigen Terrasse ihres Restaurant Wartburg. vwe)

Eigentlich habe sie Zahnarztgehilfin gelernt, beginnt Gfeller ihre Geschichte. «Schon während meinen Besuchen als Kind beim Zahnarzt haben mich die Gehilfinnen fasziniert und so schlug ich kurzerhand diesen Ausbildungsweg ein.» Gearbeitet hat sie jedoch nie im erlernten Beruf. «Schon während meiner «Stifti» half ich wochenendweise in einem Tearoom im Service aus, um die Chefin zu entlasten. Bald fieberte ich deswegen die ganze Arbeitswoche der Wochenendbeschäftigung in diesem kleinen Lokal entgegen», erinnert sie sich heute lächelnd.

Leidenschaft: Gastgewerbe

Nach der abgeschlossenen Lehre wollte es mit einer Stelle bei einem Zahnarzt in der Region nicht richtig klappen. «Ich bin in einem kleinen Dorf namens Oberwichtrach (BE) zwischen Bern und Thun auf einem Bauernbetrieb mit fünf Geschwistern gross geworden. Der Stellenmarkt war eher klein und da ich mir damals nicht vorstellen konnte, mein Heimatdorf jemals zu verlassen, war somit die Suche wenig ergiebig.» Kurzerhand überzeugte sie die Wirtin im Nachbardorf, bei ihr im Service zuarbeiten. Wanderjahre von Gasthof zu Gasthof in der ganzen Region rund um Oberwichtrach begannen, während dessen die heute 47-Jährige das Gastgewerbe immer besser kennen und lieben lernte. «Die Leidenschaft und Freude am Service braucht es, um den Stress und die Entbehrungen auf sich zu nehmen», erklärt Gfeller.

Der Aare entlang bis nach Olten

So hätte sie wohl ihre Berner Region und das dortige Landleben nie verlassen, wenn die Liebe ihr keinen Streich gespielt hätte. «Ich führte eine Fernbeziehung und pendelte ständig vom Bernbiet nach Olten, bis meine damalige Partnerin darauf bestand, dass ich in die Eisenbahnerstadt kommen solle.» Obwohl sie ihre Wohnung in Oberwichtrach bereits gekündigt hatte, gelang ihr der Umzug jedoch nicht im ersten Anlauf. «Spontan entschiedich mich plötzlich wieder um und musste für eine kurze Zeitspanne gezwungenermassen bei meinen Eltern unterkommen», erklärt sie schmunzelnd. Schlussendlich wagte Gfeller dann doch den Schritt und war anschliessend ganze zwölf Jahre im Restaurant Gleis 13 tätig. Dort lernte sie schliesslich auch ihre heutige Geschäfts- und Lebenspartnerin Esther Felberkennen. «Esthi arbeitete nebenan im Coq d’Or und so sah und sprach man sich ab und zu.» Aus kurzen Gesprächen wurden gemeinsame Kaffeepausen, eine Partnerschaft und nun der gemeinsame Schritt in die Selbstständigkeit. «Auch für diese Entscheidung brauchte ich zwei Anläufe. Meine Ex-Chefin vom Gleis 13 gab mir den nötigen Mut und den letzten Schubser für die Lokalübernahme.»

Von einer Spelunke zum Treffpunkt

Allerdings halste sich Christine Gfeller mit diesem Schritt auch einen grossen Berg an Arbeit auf. «Die Vorpächter hatten das Restaurant heruntergewirtschaftet und praktisch keine Renovationen oder sonstige Neuerungen vorgenommen.» So entschied sich die frischgebackene Wirtin 2009 kurzerhand für eine Komplettsanierung mit neuen Türen und frischen, einladenden Farben. «Ich hatte einen riesigen Bammel vor der damaligen Wiedereröffnung, aber mittlerweile konnten wir uns ein Stammklientel erarbeiten und bekommen laufend positive Feedbacks.» So finden auch diverse Vereine wie der Satus oder die Männerriege regelmässig ihren Weg in das Lokal an der Von Roll-Strasse. Denn in der Wartburg ist ein Gast nicht nur eine Nummer, die es abzufertigen gilt. «Wir nehmen uns Zeit für unsere Kunden, gehen auf sie ein und versuchen ihnen eine Wohlfühl-atmosphäre zu schaffen.» So kennen die beiden Frauen mittlerweile die meisten Gäste per Vor- oder Nachnamen und falls nicht, erfinden sie kurzerhand einen. «Wir wollen unseren Gästen Zeit lassen, sich zu öffnen und evt. vorzustellen. Bis dahin kann eine Kundin von uns eine gewisse Zeit lang insgeheim bspw. Frau Muratti getauft werden», erklärt die Wirtin lachend.

«Und i ha Heimweh nach de Berge…»

Trotz aller Leidenschaft ist das Führen eines Restaurants kein Zuckerschlecken. «Momentan schmeissen wir den gesamten Betrieb gemeinsam mit unserer Serviceaushilfe Nicole. Ferien, Hobbys und Privatleben sind mit einer sechs Tage-Woche Fehlanzeige», gibt Gfeller nachdenklich zu. Falls ein wenig Zeit bleibt, verbringt die Heimwehbernerin diese am Liebsten in ihrem Heimatort. «Mein Bruder und meine Mutter wohnen immer noch im selben Bauernhaus abseits des Dorfes auf einem Hügel. Umgeben von einem Bergpanorama, Wiesen und Feldern fühle ich mich Zuhause», schwärmt Gfeller. Mittlerweile hat sie sich jedoch auch in der Eisenbahnerstadt arrangiert. «Anfangs war es schwer, doch mittlerweile durfte ich auch hier durch unseren Betrieb einige tolle Leute kennenlernen.» Mit einem Detail werde sie sich jedoch in Olten nie anfreunden können. «Für mich als Bernerin fliesst die Aare hier in die falsche Richtung. Ich habe noch heute das komische Gefühl der Fluss bahne hier seinen Weg bergauf», schliesst die Wirtin lachend.

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