So richtig auf den Hund gekommen
Mein Hobby Die 63-jährige Claudia Schmocker verdient ihr Geld als Sachbearbeiterin auf einer Bank. Privat dreht sich bei der Wisnerin und ihrem Mann fast alles um anhängliche Vierbeiner.
«Angefangen hat alles vor rund zehn Jahren. Mein Mann und ich besassen damals einen Golden Retriever und einen Flat Coated Retriever als Familienhunde. Als sie starben, suchten wir erneut einen Golden Retriever. Diese Rasse war sehr gefragt, wir mussten uns fast ein halbes Jahr gedulden. Aus Goodwill bekam ich schliesslich einen Rüden von einer Züchterin. Sie fragte mich, ob ich mit ihm mal an einer Ausstellung teilnehmen würde. Das wurde ein Erfolg, Van Dave of High Hopes gewann die Ausstellung. Ich verstand damals aber eigentlich noch nicht, was einen schönen Hund ausmacht. Mir gefielen einfach alle.
Nachdem unser Dave auch bei der nächsten Ausstellung den Sieg davongetragen hatte, kamen Züchter auf mich zu. So wurden wir selbst zu Züchtern. Ich fand, es wäre schön, selbst junge Hunde zu bekommen, statt immer nur den Nachwuchs von unserem Boy zu besuchen. So begaben wir uns auf die Suche nach einem gesunden Weibchen. In Deutschland wurden wir schliesslich fündig – mit Lynn a Sunshine of the Night. Das war der Ursprung. Wir begannen Welpen aufzuziehen und führen seither eine kontrollierte Zucht.
Ich selbst war nicht mit Haustieren aufgewachsen. Als Kind durfte ich nie einen Hund halten. Immerhin konnte ich mich mal um ein Meerschweinchen kümmern. Erstmals einen Hund besass ich mit 39 Jahren. Inzwischen ist die Hundezucht unser Baby. Mein Mann und meine Schwester helfen oft mit. Insbesondere bei Geburten ist sie immer dabei und unterstützt uns. Die Hundezucht in etwas grösserem Stil zu betreiben, war meine Idee. Aber ich spürte von meinem Mann keine grosse Gegenwehr… Alleine könnte man das nicht machen – schon gar nicht, wenn man arbeitstätig ist.
Pro Person und Tag widmen wir uns etwa fünf Stunden den Hunden: Futter bereitstellen – wir geben ihnen ausschliesslich Frischfutter –, striegeln, pflegen, spazieren gehen. Momentan haben wir zehn Hunde. Pro Spaziergang nehmen wir zwei oder drei mit. Es gibt also täglich einige Spaziergänge. Zudem besuchen wir auch die Hundeschule. Nicht mit allen gleichzeitig, aber in regelmässigen Abständen.
Man muss anständig, einfühlsam mit dem Tier umgehen können. Es ist für mich eindeutig nicht einfach eine Ware, sondern ein Lebewesen. Die Hunde leben auch mit uns in der Familie, sind immer hier. Es gibt keinen Raum, wo sie sich aufhalten müssen. Das ist auch rassebedingt: Der Golden Retriever gehört in die Familie, zum Menschen. Erst kürzlich habe ich einer Bekannten ein wenig ironisch gesagt: ‹Wir wohnen zusammen mit unseren Hunden in der Hundehütte und sind deren Angestellte.› Aber das ist wohl immer ein bisschen so, wenn man Haustiere hat.
Der Retriever gefällt mir von seiner Art her. Er ist sanft, verschmust, manchmal sturköpfig, sehr familienbezogen, liebt alle Menschen, ist im Allgemeinen sehr freundlich. Der Flat Coated Retriever ist etwas mehr der Powerhund als der Golden Retriever, aber weniger stur. Ihn kann man besser erziehen. Die Flats brauchen allerdings länger, bis sie erwachsen sind, sie sind länger Kindsköpfe.
Die Welpen werden ab der siebten, achten Woche zu Rabauken. Dann machen sie oftmals Spielzeug kaputt, indem sie es verbeissen. Oder sie loten die Grenzen aus im Spiel mit Artgenossen, testen aus, wie weit sie gehen können beim Zubeissen. Das ist aber völlig normal. Häufig wird es dann auch ein wenig lauter. Das ist für uns jeweils der Zeitpunkt, in dem wir zu ihnen sagen: ‹Jetzt ist Zeit für euch, in eine Familie zu gehen.› Wenn dann der Tag, an dem sie uns verlassen, da ist, fliessen wegen jedem Hund Tränen. Während der ersten neun Wochen ist einem jeder einzelne ans Herz gewachsen. Ab und zu habe ich das Glück, einen behalten zu können.
Die aktuelle Zahl von zehn Hunden bleibt, mehr gibt es nicht mehr. Sicher nicht. In die Ferien nehmen wir alle mit. Und mehr hätten im Auto nicht Platz. Wir haben einen Van, den wir umbauen liessen. Alle hinteren Sitze wurden entfernt. Für unser Gepäck bleibt nur ein schmaler Streifen hinter der Führerkabine übrig. Wir fahren jeweils in ein Ferienhaus in Italien oder Norddeutschland. Wir achten darauf, dass die Unterkunft einen grossen Garten hat und sich speziell für Hundehalter eignet. Im Vorfeld klären wir mit dem Vermieter ab, dass wir alle unsere Hunde mitnehmen dürfen.
Die Anschaffungen zu Beginn einer Welpenzucht sind enorm teuer. Danach ist es okay. Es ist für mich nach wie vor ein Hobby – und es bleibt ein Hobby! Aber ein wichtiges Hobby. Ich habe schon ein paarmal gesagt: Könnte ich das Rad der Zeit zurückdrehen, würde ich einen Beruf mit Tieren wählen. Ich finde die Arbeit mit Tieren sehr schön. Wenn ich pensioniert werde, kann ich mich noch stärker den Hunden widmen. Darauf freue ich mich schon jetzt.»