Sprinten für Olympische Spiele 2016
Doris Schweizer Die amtierende Strassenrad-Schweizermeisterin tritt seit letztem Januar neu für das italienische Frauenteam «Be pink» an den grössten Radrennen der Welt an. Zudem durfte die Hägendorferin vor zwei Wochen erstmals an der WM in Florenz (IT) teilnehmen.

Zwischen Jurahügeln in Hägendorf aufgewachsen, fand Doris Schweizer verhältnismässig spät zu ihrer grossen Leidenschaft. «Meine Familie ist generell eher musik- als sportbegeistert und so spielte auch ich erst Saxofon, bevor ich mich körperlich betätigte. Allerdings habe ich bereits in meiner Kindheit viele verschiedene Sportarten wie Leichtathletik, Reiten oder auch Badminton ausprobiert. Keine hat mich so fasziniert wie das Radfahren», erinnert sich Doris Schweizer schmunzelnd. Sie habe immer gerne längere Strecken mit dem Rad zurückgelegt und so die Freude daran entdeckt. «Richtig gepackt hat es mich allerdings erst, als ich dem Veloclub Born-Boningen beitrat und animiert wurde an Rennen teilzunehmen», erzählt die Spitzenfahrerin weiter.
Erfolg ist nicht immer einfach
Schon bei den ersten Rennen bemerkte Schweizer, dass ihr das Messen mit Anderen und das persönliche «an die Grenze gehen» viel Spass bereitet. «Leider musste ich auch am eigenen Leib erfahren, dass in einer Wettkampfsportart oftmals Eifersucht und Missgunst im Spiel sein können», reflektiert die Radrennfahrerin. Dieser enorme Druck habe sie zeitweise fast zum Aufhören verführt. «Allerdings nahm sich vor sechs Jahren der Rad-Profitrainer Kurt Bürgi, welcher ebenfalls in Hägendorf wohnt, meiner an und motivierte mich zum Weiterkämpfen», erzählt Schweizer ihren Werdegang. Die Entscheidung für einen privaten Trainer sei jedoch nicht bei jedem gut angekommen. Kurzerhand wechselte die damals 17-Jährige deshalb zum Luzerner Veloclub Pfaffnau-Roggliswil. Zudem besuchte die damalige Schülerin nach zwei Jahren an der Kanti Olten nun das Gymnasium in Solothurn, damit sie intensiver trainieren konnte. «In Solothurn wurde zum ersten Mal die Sportmatura-Klasse angeboten. Dabei wird der Schulplan dem Sportprogramm angepasst, d.h. meist hatten wir bis 13 Uhr Schule und konnten den restlichen Tag für das Training nutzen», erklärt Schweizer und fügt an: «Allerdings dauert dadurch die Schulzeit bis zur Matur fünf statt vier Jahre.»
Ehrgeiz trieb an
So verbesserte sich die damals18-Jährige mit ihrem enormen Ehrgeiz stetig und konnte schon bald zahlreiche Siege auf ihre Liste setzen. Nach der Kanti startete die Sportbegeisterte zusätzlich ihr Studium in Philosophie und Germanistik an der Uni Bern. «Ich wollte in meinem Studium einen Kontrast zu meinem Alltag setzten, der durch das Velofahren stark geprägt ist. Ausserdem könnte ich mir auch gut vorstellen, nach meiner Radrennkarriere bspw. als Journalistin tätig zu sein», erklärt Doris Schweizer die Studienwahl. Nach dem Aufgebot für das italienische Radrennteam «Topgirls Fassa Bortolo» musste sie das Studium jedoch vorerst auf Eis legen.
Neues Team, neue Chance
Im norditalienischen Team fuhr Schweizer knapp ein Jahr mit, wechselte jedoch letzten Januar zum ebenfalls italienischen Rennfahrerinnenteam «Be pink». «Mit den Fahrerinnen des neuen Teams habe ich mich schon zuvor während Rennen prima verstanden und die Organisation bei «Be pink» ist um einiges professioneller», zeigt Doris Schweizer die Gründe für den Wechsel auf. So lebt die 24-Jährige nun während der Saison in einer WG mit ihren Mitfahrerinnen in Bergamo (IT). «Wir sind eine Multikulti-Truppe. Die meisten meiner Teamkolleginnen sind aus Italien, jedoch fahren auch eine Neuseeländerin, Israelin und Slowenin mit. Unsere Leaderin ist bspw. aus Weissrussland.» Wie in jedem Radteam besitzt auch das «Be Pink» eine sogenannte Leaderin, welche die anderen Teammitglieder unterstützen und deren Sieg gefördert wird. Bei «Be pink» erhält bei einem Sieg jedoch jedes Teammitglied dieselbe Siegprämie. «Dieser unterscheidet sich enorm vom Herrenradsport. Bei einem grossen Rennen wie beispielsweise dem «Giro d’Italia» erhält die Siegerin nur 500 Euro. Verglichen mit dem Siegerbetrag über 500’000 Euro bei den Männern, sind das Lappalien», bedenkt Schweizer. «Be pink» hat in der abgeschlossenen Saison 28 Rennen für sich entscheiden dürfen, davon hat sechs Doris Schweizer gewonnen.
Frauenradsport in Italien viel grösser
Selbstverständlich hätten sie auch weniger Zuschauer als die Herren, jedoch werden Frauen in Italien im Radsport viel mehr gefördert als in der Schweiz. «Der Schweizer Radsportverband trägt leider viel zu wenig zur Förderung von Frauen bei. Ohne Kurt Bürgi hätte ich den Sprung ins Ausland wohl nicht geschafft.» Auch hätte sie wohl nicht, wie vor zwei Wochen, die Schweiz mit zwei Kolleginnen an der Weltmeisterschaft vertreten und einen guten 35. Rang belegen können. «Mein grösster Traum wäre in den nächsten Jahren eine WM-Medaille für die Schweiz zu gewinnen und natürlich an der Olympiade 2016 teilzunehmen», schliesst der Profifahrerin ambitioniert.