Vollkommen normal!

Finja Basan, Wahloltnerin und Kommunikationsmitarbeiterin.
Finja Basan, Wahloltnerin und Kommunikationsmitarbeiterin.

Elke hat mir mal auf einer Gartenparty den Arm mit einem Waffeleisen verbrannt. Das tat weh, aber wir lachen noch heute drüber. Tiefkühlbrokkoli kühlte zunächst, und die Narbe erinnerte noch einige Jahre an diesen Tag. Und an Elke.

Sie blieb mir nicht nur deshalb in Erinnerung. Sie hatte nämlich nur ein Bein und war mit Gabi zusammen. Damit waren sie die ersten Frauen in meinem Leben, die sich liebten. Und das war darum für mich früh normal. Vier Jahre später zogen wir ins Zentrum Hamburgs und lernten Jörg und Andi kennen. Unsere Nachbarn. Sie waren keine WG.

Auch normal: In der ersten Klasse war ich als eine von sechs Deutschen unter 30 Kindern in der Unterzahl. Unsere Klasse sprach Urdu, Russisch, Polnisch, Türkisch und Kurdisch. Sie trugen Kopftücher oder entschieden sich dagegen und brachten cooles Essen zu Festen. Sucuk-Brot war, dank der türkischen Besitzer, in der nächsten Schulkantine meine erste Wahl in der Pause. Nachmittags ging es zu meiner kurdischen Kollegin. Ihre Mutter kochte hervorragend, ihre sechs Geschwister sorgten für Action im Haus und ich war herzlich willkommen. Mit 16 sass ich mit Lois und Quynhi vor unserem Ofen. Meine Mutter fand das beeindruckend, sagte sie später. Die Freundschaft und die Vorfreude auf die Cupcakes einten uns, die Hautfarben und Herkünfte waren uns egal. Dass Lois` Familie aus Ghana und Quynhis aus Vietnam kommt, war mir nur dann bewusst, wenn sie mit ihren Eltern telefonierten. Zweisprachigkeit empfand ich als Privileg.

Heute stehe ich als Deutsche vor einer Schweizer Bühne und höre Patent Ochsner sagen: «Und wenn sie heiraten wollen, dann sollen sie das doch tun», denke an Elke, Gabi, Andi und Jörg und finde: Recht hast du, Büne Huber, und singe auf Schweizerdeutsch die nächsten Songs mit.

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