Wahlfreiheit

<em>Daniel Kissling</em>, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)
<em>Daniel Kissling</em>, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)

Ich stehe in der Migros und kann mich nicht entscheiden. Kann mich nicht entscheiden, welche der über zwei dutzend Tee-Sorten ich kaufen soll. Schwarz- oder Weisstee? Alpen- oder Winterbrise? Was für die Leber, den Hals oder doch «Momente der Entspannung», so mitten im Vorweihnachts- stress?

Die Qual der Wahl wird uns täglich auferlegt und im Advent ist es noch schlimmer. Nicht wegen der schier unerschöpflichen Auswahl an Festtagsservietten oder Lichterketten, die ich gekonnt ignoriere, sondern weil man dann nicht nur seine eigenen Bedürfnisse, sondern auch jene seiner Mitmenschen erraten muss. So gerne ich Leuten nämlich eine Freude mache, so schwer tu ich mich bei der Geschenkauswahl.

Und wie das so ist bei Dingen, die man nicht gerne tut: Man zögert sie hinaus. Und zwar so weit, wie es geht, heisst in meinem Fall: bis am 24. Dann wache ich auf und weiss: Selber basteln reicht nicht mehr. Im Internet bestellen reicht nicht mehr. Und mach mich auf in die Stadt und bejuble doch für einen kurzen Moment das Lädelisterben und klopf mir gleichzeitig auf die Schulter, dass ich dagegen was tue, mit meinem Last-Minute-Shopping.

Wobei es an Weihnachten natürlich nicht in erster Linie um Geschenke gehen soll, sondern ums Zusammenkommen und genau das geschieht an Heiligabend in Olten. Dann nämlich kommen sie wieder zurück, die gegangen sind. Dann trifft man sie mit prall gefüllten Säcken in den Strassen und Bussen und Regiozügen auf dem Weg zu Mamma und Papa, auf dem Weg nach Hause. Und die, die nicht zu vollgefressen sind, später im Vario, wo alt und jung und links und rechts miteinander tanzen wie sonst selten im Jahr. Weil wenig anderes geöffnet hat. Weil weniger Auswahl manchmal auch Vorteile hat.

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