Das grosse Fressen

<em>Daniel Kissling</em>, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)
<em>Daniel Kissling</em>, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)

Es mag mir nur so vorkommen, doch gibt es in Olten dieser Tage vor allem ein Thema: Essen. Kann sich unserer Stadt schon durchs Jahr hindurch kulinarisch sehen lassen, scheint das gastronomische Angebot in diesem Sommer beinahe über-zukochen. Street Food Festival,
Pop-Up-Restaurant, Vereinsbeizli am Beachvolley-Turnier, am Schulfest, an der Chilbi.

Seit einer Woche vereint auch noch das Street Food Cinema auf dem Schützi-Vorplatz «die besten Filme aller Zeiten mit raffiniertem Essen». Die Idee dahinter ist simpel: Während die Leute immer weniger ins Kino gehen, scheint mit Essen immer noch Geld zu machen sein.

Es ist nichts verkehrt daran, wenn Kultur und Essen ab und an zueinanderfinden. Es ist nichts verkehrt an Street Food Cinema, literarischen Dinners und Vernissagen, auf deren Einladung gross «mit anschliessendem Apéro» geworben wird. Ja, im besten Fall handelt es sich dabei um kluge Kulturvermittlung, bringt Lesemuffel zu Büchern und Kunstbanausen in ein Museum.

Doch birgt die Kombination eben auch ein Risiko: Wenn Kultur nur noch funktioniert, wenn dazu Essen gereicht wird, dann wird sie plötzlich zum Dessert, zum Surplus, das man sich nur leistet, wenn man grad Lust drauf hat. Oder noch schlimmer, sie wird zum Beigemüse, das sowieso im Preis inbegriffen ist, dessen Wert man gar nicht mehr wahrnimmt und das man im Zweifelsfall, wenn der Magen schon voll ist, einfach stehen lässt. Und dann wird aus einem Street Food Cinema nur noch Street Food und aus Kunst zum Zmittag nur noch Zmittag. Institutionen, die das anbieten, haben wir schon: Sie nennen sich Restaurants. Davon gibt es in Olten bekanntlich schon einige und auch eine verfressene Stadt wie Olten ist irgendwann satt.

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