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<em>Irène Dietschi</em>, Journalistin. (Bild: Daniela Friedli)
<em>Irène Dietschi</em>, Journalistin. (Bild: Daniela Friedli)

In den Herbstferien, die wir wie jedes Jahr in Frankreich verbracht haben, war ich zwei Wochen praktisch ohne Internet. Alle paar Tage loggte ich mich mit dem Handy ins Netz ein, doch die meiste Zeit blieb ich offline. Und ich merkte, wie sich meine Wahrnehmung der Welt allmählich verschob: Ich hatte plötzlich wieder Augen für die nicht-virtuellen Dinge.

Zum Beispiel beim Pilzesuchen im Wald. Der heisse Sommer und die ausgiebigen Regenfälle im Herbst hatten die Pilze aus dem Boden schiessen lassen, wie ich es in unserer französischen Gegend noch selten erlebt habe. Giftige Fliegenpilze mit ihren weissgetüpfelten roten Kappen, hellgrün oder gelb leuchtende Knollenblätterpilze, Kartoffelbovisten, die beim Drauftreten stäubten. Aber auch viele essbare Pilze: Maronenröhrlinge, Eichenrotkappen oder – vor allem – Steinpilze. Zugegeben, ich kenne mich nicht sehr gut aus, mir wurde als Kind kein familiäres Pilzwissen mitgegeben, das Wichtigste habe ich mir selbst angeeignet. Deswegen nehme ich nur die Steinpilze – bei denen bin ich sicher. Um sie zu finden, darf man nicht durch den Wald joggen. Sondern muss langsamen Schrittes daher schreiten, den Blick aufmerksam zu Boden gerichtet. Vor bunten Blättern oder brauner Erde erkennt man sie plötzlich.

«Pilze sind schon erstaunliche Lebewesen», sinniert mein Gatte, der Biologe, während sich unser Korb zusehends mit prächtigen Steinpilz-Exemplaren füllt: «Wir sehen nur gerade den einen Fruchtkörper, dabei kann sich ein einziger Pilz auf mehreren hundert Quadratmetern und über unzählige Pflanzen verbreiten.» Pilze sind unterirdisch über Millionen von Pilzfäden miteinander verbunden. WWW, das World Wood Web – ein Netz der anderen Art.

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