Keine Chance – aber Erdung

Irène Dietschi, Journalistin. (Bild: Daniela Friedli)
Irène Dietschi, Journalistin. (Bild: Daniela Friedli)

«Tag 8 der Quarantäne», schreibt mein Gatte und postet dazu ein Bild der Jüngsten, mit der er auf unseren Hausberg gewandert ist. Die WhatsApp erreicht unsere weit verstreute deutsche Verwandtschaft, von Hägendorf über Stuttgart, München bis nach Nordrhein-Westfalen und Berlin. Der Familienchat war vor Jahren eingeschlafen – Corona hat ihn reaktiviert.

Nicht, dass Sie denken, ich hielte das Virus für eine «Chance». Das ist hohles Geschwätz auf Social Media oder von Managern, die die Krise zu instrumentalisieren versuchen. Aber was Corona zum Teil auslöst, hat durchaus positive Seiten. Etwa, dass viele sich auf die Familie rückbesinnen. Oder wandern gehen (mit zwei Meter Abstand zu anderen, versteht sich). Oder im Hofladen einkaufen statt im Supermarkt. Und aufs Fliegen verzichten müssen. «Wir werden buchstäblich geerdet», sagte mir der Oltner Hausarzt Philipp Bläsi am Rande eines Interviews, «und das ist gut so». Recht hat der Mann.

Bemerkenswert finde ich auch die kreativen Ideen, auf die man überall stösst. Da werden Yoga-Lektionen gestreamt, virtuelle Gottesdienste verlinkt oder massgeschneiderte Andachten verschickt, da entdecken technikscheue Lehrkräfte auf einmal die Leichtigkeit des E-Learnings, und die Musikschule Olten unter ihrer wirbligen Leiterin Sandra Rupp Fischer präsentiert die Instrumente heuer online in kurzen Video-Clips. Toll!

Und nicht nur Digitales leuchtet – auch die reale Welt entfaltet ihre Preziosen. Für meine betagten Eltern ist es der eigene Garten, in dem sie täglich spazieren gehen und dabei Sonne und Zuversicht tanken. Übrigens, mit ihnen chatte ich nicht – sie be-sitzen kein Smartphone. Doch wir telefonieren jeden Tag.

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