«Der Fälscher»

Auf dem weiten Feld

auffälligen Sozialverhaltens gibt es bekanntlich nichts, was es nicht gibt. Wir haben in Olten einen Spinner,

der polizeiliche Verbotsschilder fälscht und öffentlich an exponierten Lagen aufhängt.

Manche sehen täuschend echt aus. Am ewig rappelvollen Fahrradunterstand bei der Bahnhofbrücke hat er ein Schild angebracht, das einem

verbietet, dort sein Rad abzustellen.

Es hängt dort seit langer Zeit. Dass

es eine Fälschung ist, erkennt man erstens an der offenkundigen Absurdität des Verbots. Oltens Polizeidirektorin ist eine Grüne, die würde

velofeindliche Verbote niemals zulassen. Zweitens strotzt das Schild

von Schreibfehlern. Echte amtliche Schilder sind in korrektem Amtsdeutsch abgefasst. Vor ein paar Jahren hat der Fälscher eine korrigierte

Fassung hingeschraubt, aber auch diese enthält ein paar haarsträubende Böcke.

Schon manch argloser Bürger ist vom falschen Verbotsschild irregeleitet worden. Ich aber bin nicht gewillt, dem Missetäter diese Befriedigung

zu verschaffen und stelle mein Rad konsequent im falschen Parkverbot ab. Manchmal parkiere ich mein Velo auch auf der anderen Brückenseite. Kürzlich hat der anonyme Schilder-fälscher auch dort zugeschlagen,

diesmal allerdings auf derart dilettantische Weise, dass kein Mensch drauf hereinfallen kann. Das Schild steht auf einem improvisierten Gestell und ist ein Computerausdruck auf Papier, der mit Plastikfolie und gelbem Klebeband vor Regen geschützt ist. Schreibfehler hat der Kerl diesmal zwar keine gemacht, dafür ist ihm die Dose mit den Ausrufezeichen aus der Hand gerutscht. «Velos am Geländer abstellen verboten!!!!» steht da, und «…werden kostenpflichtig entfernt!!!»

Die Fälschung ist augenfällig, eine echte Polizeibehörde hat es nicht

nötig, so viele Ausrufezeichen zu

setzen. Verboten ist verboten, das reicht. Ausrufezeichen hat nicht

mal die DDR-Polizei verwendet,

und der war’s wirklich ernst mit ihren Verboten.

Kürzlich habe ich mein Rad an dieses Verbotsschild gekettet. Stunden

später war es verschwunden. Die Stadtpolizei sagt, sie habe es NICHT entfernt. Also hat der unbekannte

Fälscher zugeschlagen, dieser bitteren Tatsache muss ich ins Auge schauen.

Damit ist der Kerl zu weit gegangen. Jetzt setze ich ein Kopfgeld auf ihn aus. 100 Franken für jeden Hinweis, der zu dessen Verhaftung führt.

Alex Capus

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