Der Sinn des Lebens

Es ist gut, dass gewisse Gedanken nicht immer als Worte aus uns herauskommen. Als ich diesen Hund im Bannwald sah, dachte es in mir «ganz übel, ganz schlimm». Ich wusste anfänglich gar nicht, was sich da am Boden fortbewegt. War es eine Mettwurst mit vier Beinen? Oder doch eher ein Tier? Aber wo war vorne und wo hinten? Offenbar war der Kleine unlängst mit hoher Geschwindigkeit ungebremst in eine Mauer gerannt. Ich sagte dem Hund nicht, wie wenig sein Äusseres mit meinem Bild eines Hundes übereinstimmt, vielleicht ist ja mein Bild falsch. Den Halter grüsste ich freundlich, er trottete ein paar Meter vorneweg und starrte auf sein Handy. Etwas weiter auf meiner Laufstrecke bin ich dann ein paar gestapelten Steinhaufen begegnet. «Jetzt sogar im Bannwald!», überkam es mich. Überall in der freien Natur bauen die Menschen Steinmännchen, sei es an der Maggia oder auf dem Creux du Van. Es scheint schwierig zu sein, an einem schönen Ort einfach zu verweilen und den Moment mit einer inneren Zufriedenheit zu geniessen. Der Homo Faber in uns will Steine schichten. Vielleicht ist es die Suche nach dem inneren Gleichgewicht, die uns dazu antreibt, ein äusseres Gleichgewicht herzustellen – und sei es bloss mit ein paar Kalksteinen im Bannwald. Mit Gedanken an Hunde und Steine wurde meine Joggingtour durchaus kurzweilig und am Ende kam ich wie so oft am Altersheim Weingarten vorbei. Dort sah ich all die Männer und Frauen beim Nachtessen. So ist also das Leben, dachte ich. Die einen halten hundeartige Wesen, andere bauen Steinmännchen, und am Ende der Reise landen wir im Altersheim. Dort wundern wir uns dann über diese rastlosen Wesen, die immer vor dem Fenster des Esssaals durchrennen.