Der Zünsler

Stirnrunzelnd begutachtet mein Gatte die Überreste von dem, was einmal unsere Buchsbaum- hecke gewesen ist. Vom ehemals sattgrünen Blattwerk sind nur noch Reisige übrig. Der Zünsler hat ganze Arbeit geleistet. «Dann wollen wir mal», sagt mein Gatte und zieht die Herbizidspritze auf. Zum wiederholten Mal diesen Sommer. Ob’s nützen wird? In Oberbuchsiten, lese ich in der Zeitung, haben Zünsler vier Fünftel der Buchsbestände im Wald innert Kürze kahlgefressen; die Gemeinde bangt um ihre Wappenpflanze. Vielleicht wäre es vernünftiger, sich vom Buchs zu verabschieden und Eiben zu pflanzen? Vielleicht ist der «Buchsgau» - der angeblich auf die Römer zurückgeht – endgültig Geschichte?
Meine Gedanken beginnen zu wandern. Es gibt keine Gewissheiten – nichts ist für ewig, sinniere ich. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass wir 2018 den 1. August ohne Feuerwerk, ohne Höhen- feuer begehen würden? In den Quartieren war es gespenstisch still, die Stimmung gedämpft. «Dank» Klimawandel und hohen Temperaturen dürfte dies in Zukunft nicht anders sein.
Oder wer hätte gedacht, dass die Marke Raiffeisen je ins Wanken geraten würde? «Raiffeisen – das ist Dorf, das sind wir», jubelte man vor einigen Jahren in Hägendorf. Die Gemeinde schloss damals mit der Bank einen Sponsoringvertrag zur neuen Mehrzweckhalle, und es entstand die «Raiffeisen-Arena». Nach der Affäre Vincenz stellt man nüchtern fest: Raiffeisen ist im Kern ein Geldinstitut wie andere auch.
Mein Blick fällt auf eine schwarz-grüne Zünslerraupe, die sich an einem noch intakten Buchs- strauch gütlich tut. Wenigstens eine schöne Seite hat die Invasion des Schädlings aus Ostasien: Er verwandelt sich in einen ausgefallen schönen Schmetterling.