Empty Nesters

Samstagmorgen, mein Gatte und ich sitzen beim Zmorge. Zu zweit, ohne Kinder. Der Älteste kommt ohnehin nur sporadisch nach Hause. Aber jetzt sind auch die Mittlere und die Jüngste ausgeflogen. Zumindest vorübergehend - für eine Woche zu Veranstaltungen der Pfadi. Wir sind also allein. Nur unser alter Hund liegt im Körbchen und schnarcht. «Schön haben wir’s, gell», sage ich aufmunternd zu meinem Gatten, «endlich mal nur wir beide.» Mein Gatte beschmiert missmutig einen Toast mit Butter und brummt vor sich hin. So fühlt es sich also an, das Empty-Nest-Syndrom. Wehmütig denke ich an unseren sonst so lebhaften Tisch. Wenn gelacht, debattiert und gevöllert wird.
Der Samstagabend ist auch nicht besser. Im Städtchen scheinen sie um 22 Uhr die Trottoirs hochgeklappt zu haben. Im Chöbu sitzen kaum Leute – abgesehen von einer Horde johlender Bubis, die sich vor dem Kellner aufspielen. Dass es solche Typen immer und überall gibt, unabhängig von Zeit und Ort? Schnell stürzen wir unser Bier hinunter und fliehen.
Anderntags zieht es uns in den Jura über Hägendorf. Unser Ziel ist der Chambersberg mit der sympathischen Beiz, in der es immer leicht nach Käse riecht. Der steile Waldhang vor dem Schlössli, bis vor kurzem völlig kahl, ist über und über bedeckt von jungen Bärlauchspitzen. Beim Fasiswald springt unser Hund über die Wiese wie in seinen besten Tagen. Im Teich weiter oben entdecken wir Kaulquappen, wahrscheinlich von Grasfröschen, und Dutzende Erdkröten-Laichschnüre, die sich fingerdick und meterlang um die Wasserpflanzen schlingen. Über dem felsigen Kamm des Hombergs fliegt ein Kolkrabe. Und plötzlich sehen wir ihn abtauchen – in sein Felsennest! Wenigstens auf die Natur ist Verlass.