«Fahrverbot am Friedhof»

 

 

Der Oltner Friedhof liegt im Meisenhard, früher oder später muss jeder von uns dort hin. Der einzige Zufahrtsweg ist mit einem Fahrverbot gekennzeichnet, Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Das heisst, dass von Gesetzes wegen der Pfarrer und der Organist und der Friedhofsgärtner diesenHügel zu Fuss erklimmen müssen, ebenso die gramgebeugten Angehörigen und der Florist mit den Blumenkränzen; streng genommen hat nicht mal der Leichenwagen freie Fahrt. Das wird natürlich nicht so gehandhabt. Selbstverständlich fährt der Leichenwagen ganz hinauf bis zurAbdankungshalle, der Pfarrer auch und das Blumengeschäft auch und die trauernde Witwe und der Friedhofsgärtner ebenso; und weil auf dem Zufahrtsweg sowieso schon denganzen Tag ein einziges motorisiertes Kommen und Gehen ist, fährt grundsätzlich am Fahrverbot vorbei,wer das will. 

Man könnte sagen, dass das Verbot - wie so vieles in unserer Stadt - pragmatisch und mit gesundem Menschenverstand gehandhabt wird.Wie sähe das denn aus, wenn diePolizei trauernden Witwen Ordnungsbussen verteilen würde. Andrerseits gibt es auch in Olten Prinzipienreiter, für die ein richterliches Verbot ein Verbot ist, das es zu beachten gilt;allfällige Ausnahmen seien auf einem Schild unter dem Verbot festzu-schreiben.

Wie man hört, wurde dieses Schild unlängst angefertigt und liegt im Werkhof bereit. Nun ist aber im Stadthaus ein Streit entbrannt über der Frage, WER vom Verbot ausgenommen sein soll. Nur die Toten und die Totengräber, oder auch der Pfarrer? Alle Angehörigen, oder nur die invaliden und die wirklich untröstlichen? Der Blumenhändler? Der Organist? Die Liste droht unhandlich lang zu werden. Vielleicht wär’s das Beste, man würde das Verbot aufheben. Geht aber nicht, sonst fährt wirklich jeder hoch. Andrerseits: Wer fährt schon ohne Not zum Friedhof?Die Polizeidirektorin möchte sich die Finger nicht verbrennen und das Ganze dem Baudirektor überlassen mit der Begründung, dass ein Schild doch eigentlich ein Bauwerk sei. Der aber ist Jurist und verweist darauf, dass Verbote immer noch Sache der Polizei sind. Die Sache ist uferlos.Ich halte mich da raus.

Alex Capus

 

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