Klingende Osterglocken

Ostern auf dem Mont Racine. Tannen und Steinmauern zieren die Hügel, Schneeresten und Spuren wühlender Mäuse die Wiesen. Etwas östlich der Creux du Van, wo Dank nahem Parkplatz Massen in Turnschuhen die mit tapferen Krokussen übersäten Matten platt trampeln. Vor uns die Alpen. Die Natur empfängt mit offenen Armen. Eine Gruppe junger Mountainbiker platziert sich ganz in der Nähe. Bald lässt sich feststellen, sie orientieren sich anhand einer App. «Bis zum Creux du Van geht es nur noch runter», sagt A. Sagt ihnen die App. Was nicht ganz stimmt. Es liegt ein Tal dazwischen. Könnten sie sehen, würden sie sich in der Landschaft orientieren. Beim Blick auf die unter uns liegenden Seen entdecken sie den Kanal. «Das ist die Aare», behauptet B. Soso. Ich schmunzle. Sie fliesse vom Neuenburgerin den Murtensee. Ich horche auf. Sie komme von Bern, sagt C. «Das kann nicht sein», widerspricht B, «die Aare kommt aus dem Aargau.» Logisch. Ich höre die Osterglocken klingen. «Weil die Aareschlucht liegt bei Aarau», schliesst der junge Mann mit Dialekt aus dem Mittelland. Genau. Meine Zurückhaltung verliert ihren Halt und ich sage in Richtung Alpen weisend: «Die Aare kommt von dort, fliesst via Aareschlucht und Bern in den Bielersee.» Ist natürlich grob vereinfacht, aber zu reichlich analoge Information könnte überfordern. Um die Irritation zu steigern schiebe ich nach: «Vom Bielersee fliesst sie nach Grenchen, via Oberaargau nach Olten und durch den Aargau in den Rhein.» Voilà. Während sie mittels Smartphone das Gesagte verifizieren, ziehe ich mit einem freundlichen «gute Fahrt» von dannen und denke, in der Natur wird schlicht zu viel Empfang geboten.