Knapp überlebt

Es war eine ganz schlimme letzte Woche, die «russische Kältepeitsche» schlug unbarmherzig zu. So verharrten die Temperaturen nicht nur tagelang im Keller, die «fiese Bise» liess alles noch kälter erscheinen. Statt -10° Grad gab es «gefühlte» -15° Grad Celsius. Dem Thermometer war folglich nicht zu trauen, es verbreitete fake news. Das spürten wir ganz deutlich auf dem Weg vom warmen Wohnzimmer ins warme Büro. Zum Glück gab es «Tipps gegen den Kälteschock»: mehrere Schichten anziehen, hiess es auf der News-Site. Darauf wären wir nie gekommen.
Auch unsere ständigen Begleiter litten. «Warum entlädt sich mein Smartphone bei dieser Kälte?», lautete die wichtigste Frage dieser Tage. Es kam noch schlimmer. «Schweiz versinkt im Schneechaos», war die nächste Hiobsbotschaft. Unfälle, verspätete Züge und steckengebliebene Trams. Selbst die Meteorologen waren «von der Intensität der Schneefälle überrascht», gestanden sie kleinmütig via Twitter.
Was tun, wenn die Welt derart aus den Fugen gerät? Zu Hause bleiben und fernsehen. Ich blieb bei einer Doku des SRF-Korrespondenten in Russland hängen. Er machte sich auf, um im fernen Sibirien eine Familie zu besuchen, die Rentiere züchtet. Die Reise dauerte Tage auf der Lade- fläche eines altersschwachen Lastwagens, durch Flussbette und auf holprigen Strassen. Die Natur war grossartig und wegen des Permafrosts unwirtlich zugleich. Auch im Sommer bleibt es in etwas tieferen Erdschichten gefroren. Die besuchte Familie lebt im Zelt, um jeweils mit der Herde weiter-ziehen zu können. Der Gast aus der Schweiz wurde hineingebeten, weil es schnell einmal zu kalt ist draussen. Im Sommer. Die sibirische Familie wirkte unglaublich gelassen. So wie wir früher, als es einmal ein paar Tage sehr kalt war. Im Winter.