«Kung Fu-Panda»

Ende des Sommers kommt der Tag, an dem man zum letzten Mal Aareschwimmen geht. Bei mir war’s am 16. September soweit, das Strandbad war seit zwei Tagen geschlossen. Der Wetterbericht hatte kräftige Gewitter angekündigt, und dann eine Kaltfront. Das Wasser war noch warm und unglaublich klar wie schon den ganzen Sommer über. Ich konnte die Kiesel in drei, vier Metern Tiefe sehen - ein Anblick, den man in alpinen Aarestädten wie Thun oder Solothurn gewohnt ist, aber nicht in Olten. Das gab’s noch nie, dass man mitten auf der Bahnhofbrücke den Grund des Flusses sehen konnte - zu meinen Lebzeiten jedenfalls nicht. Und Fische hat’s plötzlich in der Aare, richtig dicke Brummer! Auch das ist ein neuer Anblick.
Vielleicht waren die dicken
Fische immer schon da und
werden erst jetzt sichtbar wegen des klaren Wassers, wer weiss. Vielleicht wachsen die aber auch erst jetzt zu solcher Grösse heran, weil ihnen das klare Wasser besser schmeckt. Vermutlich gibt es Fische, die sich in trübem Wasser wohlfühlen, und andere, denen behagt klares Wasser besser. Man soll da nicht vorschnell urteilen, vor Vereinfachungen muss man sich hüten.
«Wenn du wissen willst, wieso die Aare plötzlich so klar ist», sagte mein Nachbar Urs, «musst du nur überlegen, was sich flussaufwärts verändert hat. Was die in Aarau, Basel oder Köln
machen, kann uns Oltnern egal sein - flussaufwärts musst du schauen. Richtung Solothurn.»
«Und?» fragte ich.
«Ich sage nur: Attisholz», sagte Urs. «Die Zellulosefabrik hat
zugesperrt, nach 127 Jahren.»
«Vielleicht hat sich ja noch
anderes verändert flussaufwärts», sagte ich.
«Ich sage: Attisholz», sagte Urs.
«Wir wollen jetzt mal keine haltlosen Behauptungen aufstellen», sagte ich und schrieb per Email eine Anfrage an das Amt für Umweltschutz, Fachbereich Gewässerschutz. Das Amt befindet sich in Solothurn, unweit von Attisholz. Ich wartete zwei Wochen, dann schrieb ich eine zweite
Anfrage. In zwei Wochen werde ich wieder schreiben. Und dann wieder. Sobald ich Auskunft
bekomme, werde ich an dieser Stelle berichten. Alex Capus