Sinnentleerte Altstadt

Vor ein paar Tagen bin ich unverrichteter Dinge nach Hause gekommen. Ich wollte in der Oltner Altstadt in den Apple-Laden. Der Händler meines Vertrauens an der Hauptgasse hat letztes Jahr den Laden leider dichtgemacht (jetzt werden dort Shisha-Pfeifen verkauft) - also habe ich den Heiniger am Kaplaneiplatz angesteuert. Aber auch dieser Apple-Verkäufer hat die Altstadt verlassen. Hinter den Schaufenstern gähnt die Leere.
«Dafür steht da am Platz jetzt dieser Kater», erzähle ich meinem Gatten. Dieser hebt fragend die Augenbrauen. «Der Toulouse», erkläre ich, «der berühmte Altstadt-Kater: Dem hat die Stadt ein Denkmal gesetzt. Mit Krone und Sockel und Inschrift, ‹König von Olten’.» «Das ist nicht dein Ernst!», platzt mein Gatte heraus.
Nein, ganz ernst nehmen kann ich das tatsächlich nicht. Denkmäler, die in meinen Augen diesen Namen verdienen, erinnern an bedeutende Ereignisse (1918!), verdiente Persönlichkeiten (Munzinger, Disteli) oder die Entstehung der Eisenbahn, die für Olten wesentlich ist. Aber ein Katerleben, in Bronze gegossen? Zumal dieser Kater ja literarisch schon wunderbar verewigt ist? Auf mich wirkt dieses jüngste Oltner Denkmal sinnbildlich für die Sinnentleerung der Altstadt. Die Fachgeschäfte räumen das Feld, weil wir Laptops und Kleider längst im Internet kaufen. Zurück bleiben die letzten Kämpfer sowie Dampfwaren und anderer Tralala. Und Toulouse, das Stein gewordene Katzenvideo. Es hat etwas Tragi-Komisches, Verzweifeltes.
«Weisst du, zum Einkaufen oder Konsumieren wird die Altstadt immer unwichtiger», sage ich zu meinem Gatten. «Sie braucht als öffentlicher Raum andere Aufgaben, muss neu bespielt werden.» Und ja: Das ist mein Ernst.