«Stau am Fussgängerstreifen»

Furchtbar war der Zorn der Regierungsleute, als ich hier kürzlich die Oltner Stummel-Umfahrung ERO eine Stummel-Umfahrung nannte. Tatsächlich hat sie auch ihre guten Seiten, das muss ich zugeben. So gibt es ab 2013 neu einen Fussgängerstreifen von der Alten Brücke über die Aarburgerstrasse ins Winkel-Quartier.

Mit Eröffnung der Stummel-Umfahrung wird es aber noch viel, viel mehr Autoverkehrgeben als heute schon. Damit die Fussgänger lebend über den Fussgängerstreifen kommen, wird eine Ampel aufgestellt, die Autos und Lastwagen für ein paar Sekunden anhält. Allerdings nicht sehr lange, sonst gibt’s Stau - noch mehr Stau. Die Grünphase für Fussgänger dauert nach heutigem Stand der Planung fünf Sekunden. Fünf Sekunden. Ich habe mich in Solothurn erkundigt. Vielleicht sind’s dann auch zehn Sekunden, das weiss man noch nicht sicher, aber wahrscheinlich eher fünf. Jedenfalls eine kurze Zeit. In fünf Sekunden kann man ein halbes Ring-Gipfeli verdrücken oder die Weltwoche durchlesen. Oder auf Kisuaheli «Ich liebe dich» sagen. Aber kann man auch die Aarburgerstrasse überqueren, die an jener Stelle vierspurig und zwölf Meter breit ist? Ich habe einen Selbstversuchunternommen. Das Wetter war gut, meine körperliche Verfassung passabel, ich trug meine Lieblingsschuhe. Ich stellte mir eine Ampel vor, die von Rot auf Grün springt, und sprintete los. Ich brauchte 4,5 Sekunden. Eigentlich hatte ich geplant, in einem zweiten Versuch einen Kinderwagen über die Strasse zu schieben oder einen Rollator, aber dazu fehlte mir der Mut. Fünf Sekunden reichen einfach nicht. Immerhin wird’s auf dem Mittelstreifen eine komfortable Insel geben, hat der Mann vom Planungsamt mir gesagt, auf der man nach fünf Sekunden eine Pause einlegen und fünf Minuten auf die nächste Grünphase warten kann. 

Ich fürchte, das gibt Stau. Stau für die Autos, und Stau für die Fussgänger. Auch wenn das den Regierungsleuten nicht gefällt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Alex Capus

 

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