«Subprime auf dem Monatsmarkt»

Vor dem ersten Schnee gehe ich immer handgestrickte Wollsocken kaufen auf dem Oltner Monatsmarkt bei jener nettenDame, die ihren Stand gleich bei der Stadtkirche hat. Handgestrickte Pullöverchen und Schals und Handschuhe in allen Farben und Grössen liegen da, und eben auch Socken. Ich will meine Socken aber nicht in allen Farben und Grössen, sondern schwarz und Grösse 46. Diesmal fand ich keine im Sortiment. Es gab rosa Socken in meiner Grösse und hellgelbe, auch lila und orange war da. Aber kein einziges schwarzes Paar. Wieso nicht?
«Ach wissen Sie», sagte die Dame, «ich stricke die Sachen abends vor dem Fernseher, aber mein Augenlicht hat nachgelassen. Das helle und bunte Garn sehe ich noch gut, aber schwarze Socken müsste ich tagsüber stricken.»
Na gut, das leuchtet ein. Wir werden alle älter, und wieso sollte ich auf meine alten Tage nicht bunte Socken tragen. Für den Anfanghabe ich mich für ein stahlblaues Paar entschieden sowie für einirgendwie lachsfarben geschecktes. 20 Franken pro Paar. In letzterem soll Bambus drin sein, das hat25 Franken gekostet. Bin gespannt.
Danach habe ich gegenüber beim Sattlermeister Jenni aus Diegteneinen Ledergurt für meinen Vierjährigen gekauft. Handgemacht. Echtes, dickes Leder, massive Schnalle. Zehn Franken pro Stück. Da habe ich gleich zwei genommen. Es war übrigens das letzte Mal, dass Herr Jenni nach Olten kam. Er geht in Pension, nach45 Jahren. Einen Nachfolger hat er noch keinen. Mit der Sattlerei liesse sich gut eine Familie ernähren, sagt Herr Jenni. Aber ein Nachfolger müsste das Inventar kaufen, und die Banken geben kein Geld. Hochrisiko. Ein Handwerkerbudeli ist den Banken zu riskant? fragte ich. Scheint so, sagte Herr Jenni. Subprime. Aber Wolkenkratzer in Dubai finanzieren, das geht dann wieder. Alex Capus