Neuer Kunstraum an der Mühlegasse

Nomadic Art Space In der Oltner Mühlegasse öffnet ein neuer Kunstraum seine Türen: Die erste Ausstellung im neuen «Nomadic Art Space», eine Video-Audio-Installation, findet aber nicht im Raum selber, sondern davor statt.

Ausstellungsmacher Christoph Oeschger im neuen «Nomadic Art Space» an der Oltner Mühlegasse 1. (Bild: Franz Beidler)
Ausstellungsmacher Christoph Oeschger im neuen «Nomadic Art Space» an der Oltner Mühlegasse 1. (Bild: Franz Beidler)

Wer dieser Tage in der Dämmerung die Oltner Mühlegasse hinuntergeht, mag es etwa in deren Mitte plötzlich hören: ein Knistern und Rasseln, ein Pfeifen und Stöhnen, ein Rumpeln und Trommeln und Wummern und Dröhnen. Und noch merkwürdiger als die Klänge scheint deren Ursprung. Lautsprecher oder gar Musikanten sind keine in Sicht, sondern nur die grossen Schaufenster, hinter denen bis vor kurzem noch ein Laden für Stereoanlagen zuhause war. Hinter diesen Schaufenstern liegt der Raum nun brach und dunkel. Auf die Wände projiziert flimmert raumhoch ein Video. Darin verrenkt sich ein Tänzer mit Schweissmaske vor dem Gesicht auf komisch gelenkige Art, als wäre es der Schall selbst, der durch seinen Körper wallt.

Wer also dieser Tage in der Dämmerung vor diesen Schaufenstern verharrt, wird Zeuge der ersten Kunstinstallation im neu eröffneten Oltner Kunstraum «Nomadic Art Space». Zwei Videos spielen jeweils im Wechsel, «Endless Shape» und «Leslie». Beides sind Aufnahmen der gleichnamigen Choreografien des französischen Choreografen Julian Nicosia, beide mit elektronischer Musik von Janiv Oron und Michael Anklin, einem Basler Komponisten-Duo.

Eine Schaufenster-Show zum Auftakt

Der «Nomadic Art Space» ist die Idee von Christoph Oeschger. Er war es auch, der die Ausstellung konzipierte. Eine «Schaufenster-Show» nennt er die Video-Audio-Installation. Das Besondere daran: Oeschger bespielt damit eigentlich nicht jenen Raum, den er als Nachfolger des Ladens für Stereoanlagen mietet, sondern den öffentlichen davor, jenen vor den Schaufenstern in der Mühlegasse. Die Lautsprecher hat Oeschger in den Lüftungsschächten unter den Schaufenstern versteckt. Premiere feierte die Installation letzten Dienstag. Seither ist sie jeden Abend von 18 bis 22 Uhr zu erleben, noch bis zum 26. November.

Ausstellungen im Kinderzimmer

«Ausstellungen kuratieren, das mache ich am liebsten», erklärt der 67-jährige Lostorfer Oeschger und erinnert sich: Kaum eingeschult habe er seine neuen Kameraden schon zu Ausstellungen im Kinderzimmer eingeladen. Die Modelleisenbahn, Farbstifte oder Türme bemalter Kartonschachteln waren die gezeigten Objekte. «Und meine Zeichnungen», erzählt Oeschger. Er habe damals wie ein Verrückter mit Neocolor gemalt.

Anstatt der Leidenschaft für Kunst und Musik folgte Oeschger später aber den Fussstapfen seines Vaters, einem Kaufmann. Auf das Studium in Betriebswirtschaft folgte ein Arbeitsleben als Leiter mehrerer Marketingabteilungen. Erst vor drei Jahren nahm er sich der Kunst wieder vollzeitlich an. Damals beriet er eine luzernische Galerie in Betriebsfragen. Als Oeschger die Arbeit der dortigen Galeristin beobachtete, fand er: «Das will ich auch machen.» Kurz darauf gründete er «Nomadic Art Projects», Einzelfirma und Kunstlabel zugleich. «Ich fühle mich innerlich dazu getrieben», meint Oeschger heute.

Als Nomade durch Olten

Kurz nach der Gründung begann Oeschger, in Olten Ausstellungen zu kuratieren, wo immer sich ihm die Chance bot – nomadisch eben. Die erste machte er in der Industriestrasse mit einem syrischen Künstler, dann folgte eine Gruppenausstellung im ehemaligen Herren Globus in der Altstadt. Letztes Jahr nistete er den «Nomadic Art Space» in der Baslerstrasse ein und zeigte zwei Ausstellungen, die letzte im Frühling dieses Jahres.

«Wenn ich durch die Stadt gehe, dann achte ich überall auf leerstehende mögliche Ausstellungsräume», sagt Oeschger. So ging es ihm auch letzten September in der Mühlegasse. Oeschger sah das leere Ladenlokal und ging auf die Inhaber zu. «Sie kommen mir mit der Miete sehr entgegen», zeigt er sich dankbar.

Visuelle und akustische Erlebnisse

Ihm sei es sehr ernst mit dem «Nomadic Art Space». «Ich will Ausstellungen mit jungen Künstlern machen, die visuelle und akustische Erlebnisse schaffen», sagt Oeschger entschlossen. Seine Arbeit solle niemandem einfach nur gefallen, sondern dürfe auch anecken. So will er den Namen «Nomadic Art Space» denn auch mehrdeutig interpretiert wissen: «Der «Space» ist auch geistig zu verstehen», sagt Oeschger. «Es geht auch darum, der Kunst neue Räume im eigenen Kopf zu erschliessen.»

An der Mühlegasse möchte Oeschger bis zum Sommer 2022 weitere Ausstellungen realisieren, wenn möglich. Denn er weiss auch: «Bewirbt sich ein anderer Mieter, wird der «Nomadic Art Space» wohl oder übel wieder nomadisch.»

www.nomadicartprojects.com

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