«Alles im Schnellzugstempo»

Hockeytalent Lian Bichsel Heinz Brändli wirkte von 2013 bis 2018 beim EHC Olten als Juniorenkoordinator und -trainer. Einer seiner damaligen Schützlinge, der Wolfwiler Lian Bichsel, dürfte beim NHL-Draft heute Abend in Montreal in der ersten Runde gezogen werden.

Das Mannschaftsfoto der U15 (damals Mini-Novizen) in der Saison 2016/17 mit Lian Bichsel in der hinteren Reihe (Nr. 74), flankiert vom Trainerteam mit Heinz Brändli (links) sowie Marco Wyss (2.v.r) und Marcel Hug. (Bild: Daniela Friedli)

Das Mannschaftsfoto der U15 (damals Mini-Novizen) in der Saison 2016/17 mit Lian Bichsel in der hinteren Reihe (Nr. 74), flankiert vom Trainerteam mit Heinz Brändli (links) sowie Marco Wyss (2.v.r) und Marcel Hug. (Bild: Daniela Friedli)

Heinz Brändli.

Heinz Brändli.

Herr Brändli, Hand aufs Herz: Hätten Sie damals, vor sechs, sieben Jahren, in Lian Bichsel einen zukünftigen NHL-Spieler gesehen?

Heinz Brändli: Das war zu jener Zeit schwer vorstellbar. Natürlich deutete er schon damals grosse Qualitäten an. Aber der NHL-Draft? Dass er es weit bringen könnte, wenn er so weitermachen würde, war zwar klar. Ich merkte schnell, wie er tickt und welchen Charakter er hat. Deswegen traute ich ihm viel zu. Aber es wäre vermessen zu sagen, ich hätte damals schon an den NHL-Draft gedacht.

Lians Aufstieg verläuft bisher steil. Von Olten ging es 2017 mit 13 Jahren nach Biel und dann 2021 zu Leksands in Schweden. Nun lockt Nordamerika.

Es ist definitiv ein steiler Aufstieg. Bereits in Olten spielte er aufgrund seiner aussergewöhnlichen Qualitäten meistens nicht auf seiner Altersstufe, sondern bereits auf der nächsthöheren. Man konnte ihn auf dieser schon problemlos einsetzen. Er war von Anfang an gross und kräftig. Und er hat einfach ein enormes Hockeyverständnis. Das erlaubte ihm, mit den älteren Jahrgängen mitzuhalten oder bei diesen sogar bereits einer der besten zu sein. Den grossen Sprung nach Biel schaffte er problemlos, auch da war er schnell einer der Besten. Er hat einfach alles im Schnellzugstempo gemacht. Mich hat auch sehr gefreut, dass er dermassen schnell den Versuch in Schweden unternommen und auch da sehr bald eingeschlagen hat.

Wie war er als Junior bei Ihnen? Was zeichnete ihn aus?

Zuallererst hat man gemerkt, dass er Hockey liebt, dass er wahnsinnig gern Hockey spielt – und dafür auch sehr viel zu leisten bereit ist. Ganz wichtig auch: Er ist ein sehr, sehr guter «Giel». Charakterlich top, sehr geerdet, nie überheblich, sehr gut erzogen.

Mussten Sie eigentlich mal um Lian kämpfen? Sein Vater hätte ihn vielleicht lieber als Handballer gesehen.

Nein, überhaupt nicht. Er war total «angefressen» vom Hockey, er hätte am liebsten Tag und Nacht gespielt. Seine Eltern setzten ihn nie unter Druck. Aber es zeichnete sich schnell ab, dass es aufgrund seiner Entwicklung wohl bald zu einem Wechsel in einen anderen Verein kommen würde.

Verfolgten Sie seinen Werdegang nach seinem Abgang aus Olten 2017?

Selbstverständlich habe ich verfolgt, was Lian seither gemacht hat. Dass er «Biel» so gut gepackt hat, konnte mich nicht überraschen. Damit hatte ich gerechnet. Aber dass er da nicht lange bleiben und sogar den Weg nach Schweden einschlagen würde, das fand ich schon erstaunlich.

Und jetzt gehen Sie davon aus, dass er eine erfolgreiche Karriere in der NHL hinlegen wird?

Ich bin überzeugt, dass er gedraftet wird. Die NHL-Karriere hängt von enorm vielen Faktoren ab – es gibt ja genug Beispiele, bei denen es nicht geklappt hat. Aber Lian hat sicher alle Voraussetzungen. Er muss natürlich gesund bleiben. Ich kann mir gut vorstellen, dass ihm empfohlen wird, noch ein, zwei Jahre in Schweden zu bleiben, weil das für seine Entwicklung besser wäre und er da bereits bei den Aktiven eine sehr gute Rolle spielen kann. Er wäre ja eigentlich nach wie vor im Juniorenalter. Viel hängt davon ab, welche Organisation ihn draftet. Es müsste eine sein, die auf die Jungen setzt und auch die nötige Geduld mit ihm aufbringen würde. Grundsätzlich ist für ihn alles möglich. Aber die NHL ist ein hartes Pflaster. Es gibt viele 100 Spieler, die dort gerne einen Platz hätten.

Pflegen Sie noch Kontakt mit Lian?

Wir haben uns in der vergangenen Saison einige Male geschrieben. Gesehen habe ich ihn schon lange nicht mehr. Einmal hatte ich ihn noch in Biel getroffen. Da erschrak ich förmlich wegen seiner Grösse. Er war nochmals stark gewachsen. Er hat sich enorm entwickelt und auch physisch enorme Fortschritte erzielt.

Viele Trainer haben Lian Bichsel geformt. Wie gross ist Ihr Anteil?

(lacht) Da muss ich ehrlich sein. Mein Anteil ist ziemlich klein. Lian war damals noch sehr jung. Aber er kam in Olten in ein gutes Gefäss rein, wo er den ersten Schritt in die Hockeywelt machen konnte. Das Ziel bei meiner Anstellung war es, den Leistungsgedanken einzuführen und Ambitionen und Ziele zu verfolgen. In diesem Umfeld konnte ich Lian sicher auf ein gewisses Niveau heranführen, von dem aus er dann den nächsten Schritt machen musste. In Olten konnten wir ihm nicht mehr das bieten, was er für seine weitere Entwicklung gebraucht hat. In Biel bekam er eine Art Rundumbetreuung, konnte eine Sportklasse besuchen und dadurch deutlich häufiger trainieren.

Aber als ehemaliger Förderer empfinden Sie schon einen gewissen Stolz?

Ja, sicher. Bei jedem meiner ehemaligen Spieler, der sich super weiterentwickelt hat, bin ich stolz. Lian mag ich enorm gerne, weil er charakterlich ein toller Typ ist. Ich habe auch das Gefühl, dass er immer noch der gleiche Lian ist, und ich bin überzeugt, dass das auch so bleiben wird!

Werden Sie den Draft live aus Montreal verfolgen?

Das weiss ich nicht. Ich habe einen langen Arbeitstag. Direkt mitverfolgen wohl eher nicht. Aber ich werde natürlich am nächsten Morgen sofort alles nachlesen.

 

Grosses Talent

Der gut 1.95 Meter grosse Verteidiger Lian Bichsel aus Wolfwil dürfte der erste Schweizer Eishockeyspieler seit Nico Hischier (2017) werden, der beim NHL-Draft in der ersten Runde gezogen wird. 2004 geboren, schloss er sich früh dem EHC Olten an. 2017 verliess das Talent Olten und wechselte zum EHC Biel. Die letzte Saison bestritt Lian Bichsel bei Leksands IF in Schweden, wo er sofort Fuss fassen und bereits einen Platz im Fanionteam erobern konnte. Er ist der Sohn des ehemaligen Handballinternationalen André Bichsel. (agu)

 

Seit langem dabei

Der Oberaargauer Heinz Brändli startete seine Eishockeykarriere beim SC Langenthal. Als Aktivspieler reichte es ihm bis in die 2. Liga. Schon früh, Mitte 20, begann er als Trainer zu arbeiten. Nach fast zwei Jahrzehnten in Diensten des SC Langenthal zog es den heute 57-Jährigen unter anderem zum EHC Biel, zum EHC Olten oder zu den SCL Tigers. Von 2013 bis 2018 wirkte er als Leiter Nachwuchs und als Juniorentrainer in Olten, danach nochmals eine Saison als Trainer bei seinem Stammverein Langenthal. Seit mehr als einem Jahrzehnt trainiert er die U13- und U14-Auswahlen des Kantons Bern. Er arbeitet als Leiter eines Logistikteams und wohnt in Aarwangen. (agu)

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