Zukunftsangst und Aufbruchstimmung vor 100 Jahren

Kunstmuseum Olten Heute Abend widmet sich die Werkbetrachtung «hingeschaut» den Plakaten des Solothurner Malers und Plakatgestalters Otto Morach. Daneben richtet das Kunstmuseum den Blick noch bis Mitte Februar mit Werken der Expressionisten Otto Morach und Ignaz Epper auf deren frühe Schaffensjahre während und nach dem ersten Weltkrieg.

Düster, dunkel und zuweilen verstörend wirken die meisten Werke von Holzschneider und Zeichner Ignaz Epper (1892-1969) auf den Betrachter. Daneben stimmen einen die Bilder des Solothurner Malers und Plakatkünstlers Otto Morach (1887-1973) schon beinahe positiv, obwohl sie in derselben Zeit entstanden sind und teilweise nicht weniger problematische Verhältnisse der damaligen Zeit beleuchten.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Die Anregung, einander die beiden Expressionisten Otto Morach und Ignaz Epper gegenüberzustellen sei von der Stiftung Ignaz und Mischa Epper in Ascona gekommen. Im letzten Frühling stellte sie als ersten Teil des gemeinsamen Projekts und als Vorbereitung auf die aktuelle Oltner Ausstellung Morachs Schaffen dem Tessiner Publikum vor. «Es macht Sinn, dass die beiden Institutionen, die je über einen grossen Werksbestand und entsprechendes Know-how verfügen, zusammenarbeiten. So können einander Werke gegenübergestellt werden, die den Blick des Betrachters auf Unterschiede und individuell Besonderes lenken», erklärt Katja Herlach, Kuratorin des Oltner Kunstmuseums, das den Nachlass von Otto Morach verwaltet. «Die beiden Schweizer Künstler kannten sich sicherlich, auch wenn kein Hinweis darauf zu finden ist, dass sie näheren Kontakt zueinander hatten.» Obwohl die jeweilige Kunst der beiden Expressionisten und ihre Haltung der damaligen Zeit gegenüber sehr unterschiedlich waren, gibt es Parallelen: Beide widmeten sich den brennenden Fragen ihrer Zeit und experimentierten mit avantgardistischen Bildsprachen, waren sie doch während Auslandaufenthalten in Kontakt mit Strömungen wie dem Kubismus, Futurismus oder Expressionismus in Kontakt gekommen.

Angst und Aufbruchstimmung

Die Unterschiede der beiden Künstler hingegen sind bereits in deren Kindheit zu finden und dürften entsprechend ihre Kunst geprägt haben. So wuchs der St. Galler Ignaz Epper im Arbeitermilieu auf und erlebte hautnah mit, was Armut bedeutet. Daneben dürfte der Solothurner Otto Morach, der in eine Lehrerfamilie hineingeboren wurde, eine vergleichsweise behütete Kindheit verlebt haben. Er absolvierte die Kantonsschule, anschliessend die Sekundarlehrerausbildung und später eine Weiterbildung zum Zeichenlehrer. Während mehreren Aufenthalten in Paris setzte er sich zudem mit der Kunst Cézannes, Delaunays und der Kubisten auseinander. Ignaz Epper seinerseits absolvierte eine Ausbildung als Stickereizeichner und begann während seiner zweiten Lehre als Lithograf, Holzschnitte anzufertigen. Das Kunstmuseum Olten legt in seiner Ausstellung einen Schwerpunkt auf die Schaffensphase rund um den ersten Weltkrieg und den Beginn der 1920er Jahre. Auf eine Zeit, in der Ignaz Epper mit seinen Bildern in glühend roten oder düsteren, dunklen Brauntönen sowie seinen manchmal schwer zu ertragenden dunklen Holzschnitten und Kohlezeichnungen die Grauen des Krieges zeigte und der fortschreitenden Industrialisierung nicht eben positiv begegnete. So führen Gleise in Tunnels, während darüber ebenso hoffnungslos die Stadt im Dunkeln liegt oder Landschaften durch Industriebauten zerschnitten werden. «Die Zeichen der neuen Zeit mit Gaswerken und der Elektrifizierung sind in vielen von Eppers Werken zu sehen. Diese sind jedoch selten positiv besetzt und weisen eher auf eine Verdrängung des Menschen hin», erklärt Herlach. Auch Morach zeigt verlassene Ziegelfabriken und damit die Instabilität der Zeit. «Er arbeitete jedoch stets mit Licht und leuchtenden Farben. Ausserdem interessierte er sich für innerkünstlerische Fragestellungen. Seine Bilder haben eine Dynamik und auch eine gewisse Leichtigkeit», so die Kunsthistorikerin und fügt an: «Epper bringt in seinen Bildern seine Betroffenheit zum Ausdruck. Dass er darin oft Selbstbildnisse integrierte, lässt vermuten, dass er sich selbst als Mitleidenden verstand.»

Die Suche nach dem Licht

Während sich Epper dank der Heirat mit Mischa Quarles van Ufford, dem Spross einer wohlhabenden niederländischen Aristokraten-Familie, nach 1919 finanziellen Sorgen enthoben sah und sich in späteren Jahren eher der Aquarellmalerei in seinem Garten zuwandte und schliesslich 1969 den Freitod wählte, erfand sich Otto Morach nochmals neu. Der Lehrer an der Kunstgewerbeschule Zürich erschloss sich durch seine Offenheit und sein vielschichtiges Wirken neue Arbeitsfelder. So entwarf er viel beachtete Werbeplakate in Weltformat für Tourismusbüros, für Bally-Schuhe sowie den Schweizer Werkbund und leistete damit einen wichtigen Beitrag zum damals international geschätzten Schweizer Künstlerplakat. Ausserdem fertigte er Marionetten und Glasbilder an. Die Werbeplakate sind im zweiten Stock ausgestellt. Die Werkschau von Epper und Morach endet im ersten Stock, wo im letzten Raum Selbstbildnisse sowie spätere und eher positiv gestimmte Arbeiten ausgestellt sind. «Die Suche nach dem Licht haben beide Kunstschaffenden nicht aufgegeben und stets im Süden gefunden. Während Epper nach seinem Aufenthalt in Zürich im Tessin lebte, zog es Morach des Öfteren ans Mittelmeer. Die Intensität und Dringlichkeit ihrer früheren Werke war jedoch nicht mehr dieselbe», zeigt Herlach auf. Die Ausstellung im Kunstmuseum ist noch bis 17. Februar zu sehen.

Ausstellung: «Ignaz Epper und Otto Morach - Aufbruchstimmung und Zukunftsangst vor 100 Jahren
bis 17. Februar

Werkbetrachtung: «Zürich wird bei Nacht erst schön»
Werkbetrachtung zu den Welti-Furrer-Plakaten von Otto Morach
Donnerstag, 31. Januar, 18 Uhr
Kunstmuseum Olten

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