«Die schönste Kirche überhaupt»

Jubiläum und Abschied Am Osterwochenende begeht die Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde Olten das 50-Jahr-Jubiläum der Pauluskirche Olten und Ende des Monats verabschiedet sie Pfarrerin Katharina Fuhrer in den Ruhestand.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschiedet sich Pfarrerin Katharina Fuhrer Ende Monat in den Ruhestand. (Bild: mim)
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschiedet sich Pfarrerin Katharina Fuhrer Ende Monat in den Ruhestand. (Bild: mim)

Wie so viele habe zuerst auch sie die unscheinbare, graue Oltner Pauluskirche als auch die Pfarrwohnung keineswegs angesprochen, erzählt Katharina Fuhrer schmunzelnd. «Es war an einem verregneten Märznachmittag», erinnert sich die Pfarrerin an die erste Begegnung mit dem Gebäude, das in diesem Jahr 50 Jahre alt wird. Heute, sieben Jahre später ist die Pauluskirche für Fuhrer zu einem Stück Heimat geworden. «Am eindrücklichsten ist es in ihrem Inneren, wenn die Sonne scheint. Dann ist sie die schönste Kirche überhaupt», schreibt Fuhrer im Kirchen-Info-Heft und beschreibt damit das Schattenspiel an den Wänden, das sich je nach Wetter im Inneren der Kirche beobachten lässt. «Sie ist nicht heimelig, sondern hat im Gegenteil einen offenen Charakter. Das Gebäude drängt sich nicht auf, lädt jedoch gerade deshalb die Menschen ein, in sich zu gehen und fernab von unserer Konsumgesellschaft zu spüren, was sie möchten, denken, glauben und das benennen, was ihnen wirklich wichtig ist. Das ist ja eigentlich das Beste, was ein kirchlicher Raum sein kann», meint Fuhrer.

Die Antwort auf die Friedenskirche

Das Gebäude Mitten im Quartier, das die Pfarrerin mittlerweile so in Verzücken versetzt, wurde 1969 eingeweiht. Die Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde beschäftigte sich, nachdem die Kirche an der Riggenbachstrasse zu klein geworden war, lange mit der Frage, wo eine neue errichtet werden soll. Nachdem schliesslich 1929 auf der rechten Stadtseite die Friedenskirche eingeweiht werden konnte, war der Bau der Pauluskirche auf der linken Stadtseite viele Jahre später die Antwort darauf. Nach Plänen des Architekten Ernst Müller wurde auf dem Gelände der einstigen Schreinerei die Pauluskirche errichtet, nachdem 5’500 Kubikmeter, davon rund 3’000 Kubikmeter Fels ausgehoben werden mussten, wie Ruedi Heutschi in seinem Bericht im Kirchen-Info-Blatt festhält.

Sanierung der Südfassade im Sommer

Eigentlich hatte die Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde die Absicht, bis zum 50-Jahr-Jubiläum die Pauluskirche vollständig saniert zu haben. Aus baulichen Gründen haben sich Teile dieses Projekts jedoch zeitlich verschoben. Während im vergangenen Jahr insbesondere Umgebungs-arbeiten wie der Anstrich und die Beleuchtung vorgenommen werden konnten, soll im kommenden Sommer die längst geplante Renovation der Südfassade erfolgen. «In dieser Zeit findet der Gottesdienst in der Friedenskirche statt», erklärt Fuhrer und fügt an: «Auch aus finanziellen Gründen müssen die Renovationsarbeiten Schritt für Schritt erfolgen.» Aufgrund der rückläufigen Mitgliederzahlen wurde auch schon über einen Verkauf der Pauluskirche diskutiert. «Das ist richtig, aber man hat schliesslich beschlossen, an der Kirche festzuhalten, auch deshalb, weil sie viel Platz und attraktive Räume zu bieten hat, wie zum Beispiel der grosse Saal, die Küche, Büros oder die Calvinstube», erklärt Fuhrer, die ausserdem froh ist, dass nun nach einer zweijährigen Vakanz mit Peter Engelhardt wieder das Präsidium der Kirchenkommission besetzt werden konnte.

Bewusst geniessen

Im vergangenen Jahr hat Fuhrer vieles sehr bewusst ein letztes Mal gemacht und dabei unzählige persönliche Höhepunkte erlebt. «Der Ostermorgenweg vom Friedhof Meisenhard zur Pauluskirche, die Gemeindereise nach Armenien, der Erntedankgottesdienst mit den Kindern, der Menschenrechtstag, die Christnachtsfeier aber auch der Ewigkeitssonntag Ende November, welchen ich mit meinem Kollegen Uwe Kaiser durchgeführt habe», zählt Fuhrer mit strahlenden Augen auf. Auch die Tauferinnerungsfeier sowie im Januar dieses Jahres die tolle Hommage an Martin Luther King mit Schauspielern und Musikern, die sein Lebensbild zeigten, seien besonders tolle Veranstaltungen gewesen. «Rückblickend auf die sechseinhalb Jahre in Olten bin ich sehr dankbar, dass ich nochmals als Pfarrerin tätig sein konnte», meint Fuhrer und erinnert sich an eine «intensive, nicht nur leichte Zeit, in der ich insbesondere zwischenmenschlich viel gelernt habe.» Für die im bernischen Bümpliz geborene Pfarrerin, die im März ihren 65. Geburtstag feiern konnte, ist es ein bewegender Monat. «Eigentlich wäre ich Ende März pensioniert worden, aber da die
50-Jahr-Feier der Pauluskirche auf die Ostertage festgelegt wurde, wollte ich diese auf keinen Fall verpassen», so Fuhrer lächelnd. Deshalb bewilligte der Kirchgemeinderat, der im Übrigen die Nachfolge der Pfarrerin noch nicht öffentlich kommuniziert hat, einen zusätzlichen Arbeitsmonat.

Eigene Zeit neu definieren

Auch wenn der Pfarrerin die Gottesdienst- und Trauerfeiern sowie die seelsorgerischen Kontakte sehr viel bedeutet haben, hat sie sich bewusst entschieden, bis Ende des Jahres keine Stellvertretung zu übernehmen. «Der Abschied fällt mir nicht leicht, aber gerade deshalb ist es wichtig, in einer ersten Phase die eigene Zeit neu zu definieren.» Die Liebe zur Kalligrafie, die sie als junges Mädchen entdeckte und anhand der Traubibel ihrer Eltern übte, ist eine von vielen künstlerischen Leidenschaften, wie das Geigenspiel auch, welche die weit gereiste 65-Jährige wieder verstärkt betreiben möchte. Daneben werden die Enkelkinder von Fuhrer’s Partner die einstige Primarlehrerin auf Trab halten. Im Mai reist sie mit Sack und Pack nach Kreta, um ihr Neugriechisch aufzubessern. Die nächsten Tage jedoch werden vom Abschied bestimmt sein. «Nachdem ich bereits im Februar aus der Wohnung des Pfarramts ausgezogen bin, bin ich nun mit dem Räumen des Büros beschäftigt. Nun liegt es an mir, zu entscheiden, wie viel Pfarramt ich mit nach Hause nehmen möchte. Keine einfache oder lustige Aufgabe», meint Fuhrer nachdenklich.

An Ostern wird gefeiert

Vor dem Abschied gibt es Grund zum Feiern. Anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums findet am Karfreitag, 19. April um 17 Uhr ein klassisches Konzert mit Musik und Texten statt. Der Samstagnachmittag, 20. April steht im Zeichen der Kinder und lädt ab 14 Uhr zum bunten Rahmenprogramm mit Hüpfburg, Basteln und Zuckerwatte sowie um 15 Uhr zum Kinderkonzert von Christof Fankhauser ein. Der Samstagabend wird mit der «Pauluskirchen-Show» mit Gastband von der Jugend bestritten und der Ostersonntag, 21. April widmet sich mit Gottesdienst, Mittagessen und einem Aktionsprogramm, unter anderen mit Bistro und Röllelibahn sowie den verschiedenen Ausstellungen zum Jubiläum des Gebäudes, dem geselligen Miteinander. «Nun das Fest zu feiern und danach Adieu zu sagen, gefällt mir. Obwohl es für mein Umfeld und mich auch etwas viel ist: Viel in organisatorischer, aber insbesondere emotionaler Hinsicht», meint die Pfarrerin und fügt lächelnd an: «Seit Januar 2018 steht von 10 bis 18 Uhr die Kirchentüre täglich für jedermann offen. Das freut mich sehr und dieser Gedanke mildert den Abschiedsschmerz. Denn auch wenn ich nun Ende Monat den Schlüssel abgebe, steht mir auch danach die Pauluskirche offen.»

Mehr Infos zum Festprogramm finden Sie in unserer Agenda oder unter: <link http: www.ref-olten.ch kg olten>www.ref-olten.ch/kg/olten/

 

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