«Die Fasnacht hebt Grenzen auf»

Oltner Fasnacht Mit dem Naarestopf wird am Mittwoch, 19. Februar in Olten die fünfte Jahreszeit eingeläutet. Beim Gang durchs Fasnachts-Archiv erzählt Stadt- und Fukorätin Marion Rauber von Lieblingsstücken, der Fasnachtsfamilie und weiblichen Einflüssen.

Stadt- und Fukorätin Marion Rauber trägt den Fasnachtsvirus von Kindesbeinen an in sich. (Bild: mim)
Stadt- und Fukorätin Marion Rauber trägt den Fasnachtsvirus von Kindesbeinen an in sich. (Bild: mim)

Am Mittwoch, 19. Februar wird die Fasnachtsgemeinschaft mit der Einkleidung des Obernaars und der anschliessenden Schlüsselübergabe von Stadtpräsident Martin Wey an Hilarius 100. die Herrschaft über die Dreitannenstadt übernehmen. Stadträtin Marion Rauber wird als einzige als Rätin des Fasnachts- und Umzugs Komitees Olten (Fuko) im roten Gewand weiterregieren. Mit dem Fasnachtsvirus sei sie bereits als kleines Mädchen infiziert worden, erzählt sie, während sie durch das im Jahr 1997 gegründete Fasnachtsarchiv in der Dachwohnung der «Schürmann-Villa» in Olten führt. «Mein Vater war Mitglied der Säli-Zunft zu Olten und als Sänger sowie im Wagenbau aktiv. Meine Mutter besass einen Coiffeurladen, in dem sich damals alle Frauen getroffen haben, um sich zu verkleiden und mit Glitzer sowie schönen Kostümen aufzubrezeln», erzählt Rauber, die als Kind das Hübelischulhaus besuchte und sich nicht nur aufgrund des zentralen Standorts stets mittendrin im Fasnachtstreiben befand. «Ich besuchte jedes Jahr die Kinderfasnacht und schloss mich der Säli-Kinder-Clique an. Später als Erwachsene blieb ich als Pfeiferin in der Zunft», erzählt die eingefleischte Fasnächtlerin. Während ihre beiden Geschwister die Zunft wechselten, wäre dies für Rauber «ein absolutes No-Go» gewesen. «Ich habe ein blaues Herz», meint Rauber in Anspielung auf die Zunftfarben lächelnd. Auch ihre erwachsenen Kinder sind aktive Fasnächtler.

Streifzug durchs Fasnachtsarchiv

Das Fasnachtsarchiv an der Baslerstrasse 57 besteht aus drei Räumen. Im Plakettenzimmer sind unter zahlreichen anderen eine Kartonplakette aus dem Jahr 1929 und die erste metallene Plakette aus dem Jahr 1947 zu sehen. Das Zimmer nebenan ist dem Obernaar gewidmet. 1950 wurde mit Max Aeschbach alias «Max 1» der erste Obernaar von der Hilari-Zunft gestellt. Davor gab es bereits den «Prinz Carneval», der als eine Art Obernaar eingesetzt wurde. Neben den Proklamationen der Fasnachtsoberhäupter ist auch das Zepter «Mäni» zu sehen, das zur offiziellen Obernaaren-Ausstattung gehört. «Bei uns dürfen die Gegenstände auch angefasst werden, deshalb bezeichnen wir uns als Fasnachts-Archiv und nicht als Museum», erklärt Rauber. Der dritte Raum ist den Fotoalben und Dokumenten gewidmet. Zahlreiche Bildbände ab dem Jahr 1949 reihen sich aneinander. «Ich habe besondere Freude an den alten Fotos, die nicht nur die Geschichte der Fasnacht, sondern auch die der Stadt Olten zeigen. So sind beispielsweise Läden und Vereine zu sehen, die es längst nicht mehr gibt», erzählt Rauber begeistert, während sie durch das Album aus dem Jahr 1949 stöbert. «Früher sind verschiedenste Vereine am Umzug mitgelaufen», so die Fukorätin und zeigt auf schwarz-weiss Aufnahmen, welche die Stadtmusik und verschiedenste Sportvereine zeigen. «Viele Zünfte sind aus Sportvereinen entstanden», erklärt die Oltnerin und blättert durch ein fein säuberlich geführtes Heft, in dem jeder Obernaar und verschiedenste Daten rund um die Oltner Fasnacht akribisch festgehalten sind. «Unser Ehrenfukoratsmitglied Kurt Stocker führt unser Archiv mit unheimlich viel Wissen und Engagement», erzählt Rauber dankbar. Jährlich finden rund zehn Führungen durchs Fasnachtsarchiv statt. «Wir freuen uns stets, wenn Dokumente, Fotos oder Fasnachtsgegenstände den Weg in unser Archiv finden und nicht einfach weggeworfen werden. Für uns haben die Gegenstände einen emotionalen Wert», betont die Fukorätin.

Der weibliche Aspekt

Im Jahr 2013 ist Marion Rauber als Vertretung der Säli-Zunft von ihrem Vorgänger Franco Tonet für den Fuko-Rat vorgeschlagen und schliesslich gewählt worden. «Ich war damit aber nicht die erste Frau im Rat, sondern die vierte», stellt Rauber, als einziges, weibliches Fukoratsmitglied klar. Auf die Frage, wie das so ist, meint Rauber lachend: «Das ist kein Problem und schliesslich kann ich mich durchsetzen, wenn es mal nötig ist. Ab und an bringe ich auch die weiblichen Aspekte ein und organisiere Ausflüge.» Dass kaum Frauen im Fuko-Rat vertreten sind, hat auch damit zu tun, dass es in Olten noch einige reine Männerzünfte gibt. Rauber findet das in Ordnung: «Das ist historisch gewachsen, wie beispielsweise ein Männerchor. Toll finde ich aber, dass wir mit der Sängerinnen-Clique Rätschwyber und der Oltner Läckerli zwei reine Frauenzünfte haben. Jetzt fehlt nur noch eine reine Frauengugge.» Früher habe der Fuko-Rat einen elitären Touch und deshalb auch einen abgehobenen Ruf gehabt, erzählt die Oltnerin. «Dies ist heute nicht mehr so. Die Fuko-Ratsmitglieder sind bodenständig und haben nicht das Gefühl wegen des roten Mänteli etwas Besonderes zu sein. Wir organisieren lediglich die Fasnacht», so Rauber, die für die Administration verantwortlich ist.

Nicht weniger lustig

Sie schätze insbesondere die Geselligkeit an der Generationen verbindenden Fasnacht. «Viele Aussenstehende haben das Gefühl, dass dieses Fasnachtgefühl lediglich auf eine Woche komprimiert ist, dieser Eindruck stimmt jedoch nicht, denn die Fasnachtsfamilie trifft sich auch unter dem Jahr, wie beispielsweise an der Beachtour, der Kilbi oder an der MIO», erzählt Rauber. Dabei seien die Leute unter dem Jahr nicht weniger lustig als an der Fasnacht und auch die politischen Grenzen würden aufgehoben. «Ich sage es schon lange: die Fasnacht steht über der Politik», so Rauber, die sich auf den Naarestopf und den Umzug am Sonntag freut sowie darauf mit den Zunftfreunden unterwegs zu sein. «Selbstverständlich bin ich auch gespannt, was die Hilari-Zunft für Überraschungen für uns bereithält, denn auch wir wissen nur sehr wenig.»

Plakette: bei den Fuko-Zünften, Cliquen und Guggen sowie an den meisten Kiosken in Olten erhältlich

Fasnachtsstart: «Naarestopf», Mittwoch, 19. Februar, 20.30 Uhr: Ankunft Obernaar beim Schwanemätteli / Laternen warten auf, Fackeln neben der Brücke

Weitere Informationen finden Sie diese und nächste Woche in der Agenda oder unter: <link http: www.oltner-fasnacht.ch>www.oltner-fasnacht.ch

 

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